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Rechtspopulismus

“Dänische Werte” trotzen Corona: Tausende treten zum Zwangshändedruck an

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Dänemark

Flache Hand an flacher Hand

  • von Thomas Borchert

Wer Däne oder Dänin werden will, muss Hände schütteln. Auch in Zeiten von Corona.

Shakehands mit Kopenhagens Bürgermeisterin Cecilia Lonning-Skovgaard. Jakob Balthazar MunkShakehands mit Kopenhagener Bürgermeisterin Cecilia Lonning-Skovgaard. Photo: Jakob Balthazar Munk

Das ist mal eine Nachricht gegen den Strich: Dänemarks Behörden trommeln in diesen Corona-Wochen Tausende Bürger zu einem rituellen Pflicht-Händedruck zusammen. Während überall auf der Welt das Händeschütteln als Überträger des Coronavirus mächtig an Popularität eingebüßt hat, gilt für Anwärter auf die dänische Staatsbürgerschaft, dass sie den Körperkontakt mit einem Gemeindevertreter „ohne Handschuhe, flache Hand an flacher Hand“ auszuführen haben. Die korrekte Befolgung der Dienstanweisung ist dem Ausländerministerium in Kopenhagen von der Kommune mitzuteilen, andernfalls wird die Einbürgerung verweigert.

Beschlossen hat das eine Parlamentsmehrheit Ende 2018, um ein „Zeichen zu setzen“ gegen etwaige muslimische Verweigerer des Händedrucks. In der Begründung für die Vorschrift hieß es über die (vermutlich 99,9 Prozent) Schüttelwilligen: „Sie signalisieren symbolisch, dass sie die dänische Gesellschaft und die dänischen Werte angenommen haben.“ Zu den Kritikern gehören etliche Bürgermeister, die bei „Verfassungszeremonien“ in allen 98 Gemeinden ihre sozusagen staatliche Hand reichen sollen.

Bürgermeisterin Bente Hansen in Frederikshavn meint, dass sie bei Besuchen zum Beispiel aus Asien Begrüßungsformen wie Augenkontakt mit einem Lächeln, gefaltete Hände oder eine leichte Verbeugung sehr o. k. findet: „Da strecke ich doch auch nicht meine Hand aus und sage, so machen wir es nun mal bei uns.“

Die Regel ist seit 1. Januar in Kraft. Zeitgleich mit den ersten Einberufungen zum verordneten Körperkontakt kam die Nachricht vom Coronavirus und vergangene Woche aus dem Skiurlaub in Norditalien auch der erste Infizierte nach Dänemark. Medien berichten, dass die Berufsfeuerwehr in Mittel-Jütland und der Finanzkonzern Nordea jeden Händedruck am Arbeitsplatz verboten haben. Beide können für sich in Anspruch nehmen, dass sie wichtige Verteidiger „dänischer Werte“ sind, genau wie das Gesundheitswesen. Betrübt konstatierte ein Kommentator in „Jyllands-Posten“, dass ihm seine Ärztin im Krankenhaus den Händedruck verweigert und mit einem „mütterlichen Schulterklopfen“ abgespeist habe. Danach sei sie zum Desinfektionsmittel-Spender geeilt.

Den gut 500 Kopenhagener Anwärtern auf die dänische Staatsbürgerschaft standen vergangene Woche im Rathaus keine dieser Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung. Kirsten Kock, als Hamburgerin in Dänemark 2016 eingebürgert, schaute zu, als die Kandidaten in langen Schlangen auf ihren Zwangshändedruck warten mussten: „Desinfektionsmittel waren nirgends in Sicht.“ Ihre Freundin Penelope, habe selbst eins mitgebracht und vor sowie nach dem Händedruck („ohne Handschuhe, flache Hand an flacher Hand“) gesprüht. Einer der 500 Kandidaten verweigerte nach dem Schlangestehen dem Staatsvertreter die Hand und ging wortlos seiner Wege. Vermutlich weniger aus Angst vor Corona, sondern als Protest gegen das Zwangsritual. Nun kann er kein Däne werden.

Ein schöner Satz und Sprengstoff in kalter Zeit: “Barmherzigkeit ist eine politische Möglichkeit”

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Kirche

Norwegischer Bischof geht für seine Überzeugung in den Knast

  • von Thomas Borchert
    „Es geht um zivilen Ungehorsam“, sagt der norwegische Bischof Gunnar Stålsett.

Gunnar Stålsett, populärster Bischof von Norwegen, beschäftigt eine geduldete Frau aus Eritrea – und nimmt dafür eine Gefängnisstrafe in Kauf.

Dass Bischof Gunnar Stålsett als „moralischer Kompass“ für sein Land gilt, Jahr für Jahr im Osloer Nobelkomitee über den Friedensnobelpreis mitentschieden und mit 84 Jahren ein gesegnetes Alter erreicht hat, soll ihn auf keinen Fall vor dem Gefängnis bewahren: „Wenn es so kommt, nehme ich die Strafe gerne an, denn ich habe meine Christenpflicht erfüllt.“

Seine Straftat: Stålsett hat die in Norwegen seit 19 Jahren nur geduldete Lula Tekle aus Eritrea, die nicht abgeschoben werden kann und damit ebenso rechtlos wie bettelarm ist, als Haushaltshilfe beschäftigt. Er soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft zu 45 Tagen Haft ohne Bewährung verurteilt werden, weil jede Form von Lohnarbeit für die wachsende Zahl dieser zunehmend verelendenden Gruppe ohne Arbeitserlaubnis und Zugang zum Sozial- und Gesundheitssystem strafbar ist. Read the rest of this entry »

Kommunalwahlen rücken Norwegen deutlich nach links

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Kommunalwahlen

11.09.2019

Klare Mehrheit für Mittelinks in Norwegen

  • von Thomas Borchert

In Norwegen legen bei den Kommunalwahlen vor allem Linkssozialisten und Grüne kräftig zu.

Die Norweger haben ihr Land bei den Kommunalwahlen massiv nach links gerückt. Die klare Mehrheit für Mittelinks mit 55,7 Prozent gegenüber nur 36,3 Prozent für das Regierungslager der konservativen Ministerpräsidentin Erna Solberg ist angesichts haushoher Verluste für die Sozialdemokraten umso bemerkenswerter. Die Arbeiterpartei fuhr mit 24,4 Prozent das schlechteste Ergebnis seit über hundert Jahren ein und verlor gegenüber 2015 ein Viertel ihrer Wählerschaft. Es half ihr nicht, dass Solbergs Konservative zusammen mit ihrem rechtspopulistischen Koalitionspartnern, der Fortschrittspartei, ebenfalls zu den klaren Verlierern gehörten.

Dass die Hauptstadt Oslo und andere Großstädte weiter von sozialdemokratischen Bürgermeistern regiert werden können, ist den Erfolgen von Linkssozialisten, der noch jungen Umweltpartei– den Grünen – und den „Roten“ zu verdanken. Die auch zum Mittelinkslager gehörende, vor allem ländlich orientierte Zentrumspartei konnte ihren Stimmenanteil mit 15,7 Prozent landesweit fast verdoppeln. Als ausschlaggebend für die Erfolge dieser Parteien gilt ihr Eintreten für eine konsequente Klima- und Umweltpolitik sowie in den ländlichen Gebieten der Protest gegen fortschreitende Zentralisierung.

Zu den Besonderheiten dieser Wahl mit 4,2 Millionen Stimmberechtigten gehörte die erfolgreiche Kandidatur einer Bürgerpartei gegen die in Norwegen stark verbreiteten Mautgebühren für Autofahrten in Innenstädten. In der zweitgrößten Stadt Bergen kam die Protestpartei als drittstärkste Kraft auf 16,9 Prozent.

Sozialdemokraten uneins

Der sozialdemokratische Parteichef Jonas Gahr Støre wies Forderungen nach seinem Rücktritt auch mit Blick auf die zuletzt für die Arbeiterpartei ähnlich enttäuschende letzte Parlamentswahl zurück: „Wir müssen das jetzt verarbeiten und die Ärmel aufkrempeln.“ Für die 2021 anstehende Parlamentswahl verlangen innerparteiliche Kritiker einen deutlichen Linksschwenk mit Öffnung hin zu den in der Wählergunst nach vorne stürmenden Grünen. Dafür müsste Støre unter anderem seinen bisherigen Kurs für die maximale Ausbeutung der fossilen Rohstoffe aus der Nordsee revidieren. Sie hat das Land in den vergangenen fünfzig Jahren zu einem der reichsten der Welt gemacht, steht aber in krassem Kontrast zu allen Zielen im globalen Kampf gegen den Klimawandel.

Mit der Kommunalwahl in Norwegen setzt sich ein klarer Trend in ganz Skandinavien fort, wo die Sozialdemokraten das 20. Jahrhundert so souverän geprägt haben wie nirgends sonst auf der Welt. Sie verlieren nicht durchgehend so an Zustimmung wie die SPD in Deutschland, sind aber nur noch mit immer stärker werdenden Partnern aus klarer links oder grün orientierten Parteien regierungsfähig. Dies gilt sowohl für die als Regierungschefin neu angetretene dänische Sozialdemokratin Mette Frederiksen als auch für ihren Kollegen Antti Rinne in Finnland und den schwedischen Premier Stefan Löfven.

 

Das dänische Einbürgerungsrecht ist Monty Python und jede Menge Kafka

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Politiken 11.8.2019

Das dänische Einbürgerungsrecht ist lupenreines Monty Python

 (Übersetzung eines Beitrags in der Kopenhagener Zeitung Politiken)

Der Versuch, dänischer Staatsbürger zu werden, ist zu einem absurden Unterfangen geworden. Man muss über Jahrzehnte zurück jeden Auslandsaufenthalt angeben und selbst der geringste Gesetzesbruch muss über ein halbes Jahrhundert zurück untersucht werden.

 

Von Thomas Borchert

 

Thomas Borchert ist gebürtiger Deutscher, Journalist und Bewerber um die dänische Staatsbürgerschaft seit dem 30. Dezember 2018

 

Die neue (sozialdemokratische) Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat eine weiter harte Ausländerpolitik angekündigt, aber von nun an geleitet von „gesundem Menschenverstand, ohne verrückt zu sein“. Schon dieses doch recht bescheidene Versprechen verlangt nach markanten Veränderungen.

 

Das bezeugt die Geschichte von Dennis Speaker. Nach 47 Jahren als Tierarzt in Dänemark ist sein Antrag auf die hiesige Staatsbürgerschaft abgelehnt worden. Seine Sprachkenntnisse seien nicht ausreichend bewiesen, meinte das Einbürgerungsamt im Ausländer- und Integrationsministerium ein paar Wochen, bevor die neue Regierung angetreten ist.

 

Soll man lachen, weinen oder in Wut ausbrechen?

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Finnland wählt: Sozialdemokraten, Grüne und Linke im Aufwind

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Auf Abschiedstour in Brüssel? Finnlands Premier Juha Sipilä.

Finnland wählt

Die Stimmung steht auf Wechsel

  • vonThomas Borchert

Finnlands Sozialdemokraten, Grüne und Linke stehen vor einem Erfolg bei der Wahl am Sonntag.

Die Finnen, auf der jährlichen UN-Rangliste gerade erst wieder zum „glücklichsten Volk der Welt“ gekürt, wollen ihr Land am Sonntag den Umfragen zufolge ein Stück nach links rücken. Wenn die Demoskopen recht behalten, können Sozialdemokraten, Grüne und die Linken bei der Reichstagswahl allesamt mit beachtlichen Zugewinnen rechnen. Ob und wie das aber auch für einen Linksruck bei der anschließenden Regierungsbildung reicht, ist vor allem wegen der im Endspurt stark zulegenden Rechtspopulisten unsicher.

Als ausgemacht gilt in Helsinki, dass die Wähler den bisherigen Regierungschef Juha Sipilä vom Zentrum für die harte Sparpolitik seiner Mitte-Rechts-Koalition abstrafen werden. Der betont bullig auftretende Unternehmer Sipilä liegt in den Umfragen aussichtslos hinten. Er ist nur noch geschäftsführend im Amt, seit er nach dem Scheitern seiner Gesundheitsreform im Reichstag Anfang März das Handtuch geworfen hat – für die Regierung aus Konservativen und Rechtspopulisten bedeutete dies das Ende.

Das war ungefähr zur gleichen Zeit, als Finnland zum zweiten Mal in Folge mit dem ersten Platz auf der Glücksrangliste der Vereinten Nationen international in den Schlagzeilen war. Sie misst die Zufriedenheit von Menschen mit dem Leben im eigenen Land und kombiniert das mit Statistik zu Lebenserwartung, Wohlstand, sozialer Sicherheit und anderem mehr. Garniert wurde die gelassen selbstironische Aufnahme dieses Weltmeistertitels im Land selbst mit der Ablehnung von Sipiläs Gesundheitsreform als schlecht kaschiertem Kostensenkungsprogramm. Read the rest of this entry »

Norwegen: Wenn Rechtspopulisten regieren, wird es bizarr

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Norwegen

Ein Verdacht, der den Minister den Job kostet

  • von Thomas Borchert

Hat die Lebensgefährtin des Rechtspopulisten Tor Mikkel Wara in Oslo eine Straftat vorgetäuscht, um politische Gegner zu diffamieren?

Ministertitel für Rechtspopulisten können zu bizarren Verwicklungen führen: In Oslo hat Norwegens Polizei das Haus ihres eigenen obersten Dienstherren, Justizminister Tor Mikkel Wara, auf den Kopf gestellt, um Beweise für die Vortäuschung einer Straftat zu sichern. Nach Erkenntnissen des polizeilichen Geheimdienstes PST soll Waras Lebensgefährtin Laila Anita Bertheussen das Auto des Paares in der Nacht angezündet haben, um den vermeintlichen Anschlag anschließend politischen Gegnern in die Schuhe zu schieben. Unmittelbar nach der vorübergehenden Festnahme der Verdächtigen, die alle Vorwürfe abstreitet, ließ sich Wara beurlauben. Niemand in Oslo rechnet damit, dass er sein Amt wieder antreten kann.

Bertheussen erschien zweimal im Theater, filmte Akteure und Besucher, feuerte verbale Attacken auf Facebook ab und erstattete Anzeige gegen die Verantwortlichen des Theaters. Diese machte sie öffentlich für Attacken auf ihr Haus und die Umgebung seit vergangenem Dezember verantwortlich. Read the rest of this entry »

Dänischer “Paradigmenwechsel” ist Schande und Etikettenschwindel zugleich

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Dänemark will nur noch abschieben
Obwohl 2018 nur wenige Asylbewerber ankamen, will Dänemark härter durchgreifen.

Flüchtlinge

Dänemark will nur noch abschieben

  • vonThomas Borchert
    21.2.21019

Keine Integration, stattdessen schnellere Abschiebungen: Das dänische Parlament verschärft erneut die Ausländerpolitik.

Dänemark schafft die Integration von Flüchtlingen als staatliches Handlungsziel ab und will nur noch auf schnelle und umfassende Rückführungen setzen. Am Donnerstag steht bei der geplanten Verabschiedung eines Katalogs mit massiven Verschärfungen im Ausländerrecht eine breite Mehrheit im Kopenhagener Parlament hinter dem „Paradigmenwechsel“.

Unter diesem Sammelbegriff für eine grundsätzliche Richtungsänderung hat sich die Mitterechts-Minderheitsregierung mit den Rechtspopulisten der Dänischen Volkspartei unter anderem darauf geeinigt, den Begriff Integrationsprogramm im Gesetz komplett durch „Selbstversorgungs- und Rückführungsprogramm“ zu ersetzen. Die bisherige staatliche „Integrationsleistung“ wird nicht nur in „Selbstversorgungs- und Heimreiseleistung oder Übergangsleistung“ umbenannt, sondern für einen großen Kreis auch erneut massiv gekürzt.

Ausländerministerin Inger Støjberg hat angegeben, dass die Regierung 25.500 in den vergangenen fünf Jahren eingereiste Flüchtlinge einschließlich Familiennachzug auf Listen für umgehende Abschiebungen führe, „sobald wieder Frieden in ihrem Land herrscht“. 8700 der Betroffenen sind so gut integriert, dass sie einen dänischen Arbeitsplatz haben. Dies soll nach den neuen Vorschriften künftig keine Rolle mehr spielen und genauso wenig vor der Abschiebung schützen wie die Bindung an die dänische Gesellschaft durch hier geborene Kinder, Sprachkenntnisse oder auch die Beteiligung am Vereinsleben.

Scharfe Kritik an dänischer Ausländerpolitik

Organisationen wie die Dänische Flüchtlingshilfe, Amnesty International und das UN-Flüchtlingswerk UNHCR haben die neue Verschärfung der dänischen Ausländerpolitik als Katastrophe für Flüchtlinge kritisiert, die unter schwierigsten Bedingungen um ein menschenwürdiges Dasein kämpften. „Hier wird gewaltig viel Furcht und Unsicherheit erzeugt“, sagt Josephine Fock von der Flüchtlingshilfe. Dies dürfte vor allem auch für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge gelten.

Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften protestieren gegen den „Paradigmenwechsel“, weil er die Chancen auf einen Arbeitsplatz für Flüchtlinge mit zeitlich begrenzten Aufenthaltsgenehmigungen drastisch verschlechtere. „Vollkommen grotesk“ nannte dies die Gewerkschaftschefin Mona Striib, deren Organisation FOA Beschäftigte im Pflege- und Gesundheitssektor mit akutem Arbeitskräftemangel vertritt. Sowohl hier wie auch in der Hotelbranche läuft ohne Flüchtlinge schon jetzt nichts mehr. Die Arbeitgeberorganisation DA sprach von einer „sicher geringeren Bereitschaft“ zur Einstellung von Flüchtlingen, wenn diese jederzeit auch direkt von ihrem Arbeitsplatz abgeschoben werden könnten.

Die Organisationen kritisierten auch das jetzt vor dem Abschluss stehende Eilverfahren, obwohl die Zahl der ankommenden Asylbewerber 2018 mit 3500 extrem niedrig blieb und die Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt so erfolgreich war wie nie zuvor. 57 Prozent der vor drei Jahren eingereisten männlichen Flüchtlinge hatten vergangenes Jahr einen Job.

Sozialdemokraten streben Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten an

Als Grund für die Eile gilt in Kopenhagen die bis spätestens Juni anstehende Parlamentswahl, bei der nicht nur die Rechte wieder mit „dem Ausländerthema“ antreten und wie bei vier der vorausgegangenen fünf Parlamentswahlen gewinnen will. Die oppositionellen Sozialdemokraten stimmen am Donnerstag für die Verschärfungen und streben nach ihrem als wahrscheinlich geltenden Wahlsieg eine enge Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen DF an. Vor diesem Hintergrund konkurrieren sie mit den Rechtsliberalen von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen um die Gunst der DF. Sie wollen die in Westeuropa seit fast 20 Jahren beispiellos harte dänische Ausländerpolitik weiterführen.

Kommentatoren haben darauf verwiesen, dass der „Paradigmenwechsel“ eigentlich ein Etikettenschwindel sei: Dänemark ist bei Abschiebungen nach wie vor an internationale Konventionen gebunden. Auch bleibt die Möglichkeit für permanente Aufenthaltsgenehmigungen nach acht Jahren weiter bestehen. Dem hält Ausländerministerin Støjberg entgegen, dass sie den Regierungsapparat darauf ausrichtet, bei Abschiebungen „bis an die menschenrechtlichen Grenzen zu gehen“.

Dazu gehört für sie auch, die Lebensbedingungen für abgewiesene Asylbewerber in Abschiebelagern „so unerträglich wie möglich“ zu gestalten. Dass die Folgen auch deren teilweise jahrelang hier lebenden Kinder treffen, sei nicht vom Staat zu verantworten. Straffällig gewordene abgelehnte Asylbewerber will sie nach einer Vereinbarung mit DF auf einer verlassenen Insel isolieren, die früher als Forschungsstation für Tierseuchen genutzt wurde.

Gut, dass die Rechte in Schweden weiter geblockt ist

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Spagat in Stockholm

Der Sozialdemokrat Stefan Löfven regiert Schweden auch mit Hilfe von zwei Bürgerparteien weiter – und will so den Einfluss der Rechtspopulisten begrenzen.

Regierungssuche in Schweden
Ministerpräsident Löfven.
Foto: Jessica Gow (TT NEWS AGENCY)

Vier Monate haben die Schweden auf eine neue Regierung warten müssen, weil durch den Wahlsieg der Rechtspopulisten alle gewohnten Konstellationen matt gesetzt wurden. Jetzt sind die Meinungen in Stockholm geteilt, ob der Sozialdemokrat Stefan Löfven in dieser Zeit voller Hinterzimmer-Verhandlungen seinen noch aus Gewerkschaftstagen stammenden Ruf als Verhandlungsgenie endgültig zementiert hat. Oder ob er für seine zweite Amtszeit an der Spitze einer Minderheitsregierung mit der Umweltpartei ganz einfach die Seele der eigenen Partei verkauft hat.

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Verrückt: Dänische Nationalisten bestrafen jetzt auch Arbeit im Ausland

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Migration: Dänemark schottet sich ab

Die dänische Regierung tut alles, um Fremde fernzuhalten. Diese Politik trifft nun auch im Ausland lebende Dänen. Die Analyse.

Der dänische Arbeitsminister Troels Lund Poulsen. Foto: Philip Davali (imago stock&people)

Liebe Dänen, lasst bloß die Finger von Jobs bei den Fremden im Ausland!“ Das muss wohl die Botschaft der Kopenhagener Regierung und ihrer rechtspopulistischen Partner mit dem jüngsten Einfall zur Abschottung des heimisch

en Arbeitsmarktes sein. Ab Neujahr wird bei allen Anträgen auf Arbeitslosengeld geprüft, wer in den zurückliegenden acht Jahren mehr als ein Gehalt von ausländischen Arbeitgebern – außerhalb des Königreichs und der EU – bezogen hat. Ist das der Fall, gibt es sieben Jahre „Quarantäne“, auch wenn die Betroffenen ununterbrochen in die heimische Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben.

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Die Rechte möbliert nun auch Schweden um

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Aus für Schwedens Sozis

Bürgerblock und Rechtspopulisten wählen Premier Löfven ab.

Schweden
Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven (vorne rechts) verliert die Vertrauensabstimmung. Foto: afp

Drei Wochen nach den Wahlen erlebt Schweden, wie die massiv gestärkten Rechtspopulisten gewohnte politische Strukturen aus den Angeln heben und die anderen Parteien ins Schwimmen bringen. Zur Eröffnung des Reichstages in Stockholm haben die aus Nazigruppen hervorgegangenen Schwedendemokraten am Dienstag den Ausschlag für die Abwahl des bisherigen sozialdemokratischen Premiers Stefan Löfven gegeben. Ihre 62 Abgeordneten verhalfen den Mitte-rechts-Parteien, die insgesamt 143 Sitze im neuen Parlament haben, zu einer Mehrheit gegenüber dem Mitte-links-Lager hinter Löfven, das über 144 Sitze verfügt.  Read the rest of this entry »

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