Dänemark

Bei Deutschlandfunk Kultur über die neuen dänischen Sonderregeln für Migranten-Stadtteile

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Dänemarks umstrittene Ausländerpolitik: Das Zweiklassenrecht soll weiter verschärft werden

Thomas Borchert im Gespräch mit Marietta Schwarz Beitrag hören Podcast abonnieren

21.3.2021

Demonstration gegen die sogenannte Gettoliste. (imago / Ritzau Scanpix / Philip Davali)

Wenn in Dänemark mehr als 50 Prozent der Bewohner einer Wohngegend aus nicht-westlichen Ländern stammen, kann es als Getto deklariert werden – mit weitreichenden Folgen. Dagegen formiert sich Widerstand. (imago / Ritzau Scanpix / Philip Davali)

Dänemarks sozialdemokratische Regierung will die ohnehin schon harten Ausländergesetze weiter verschärfen. Die Pläne sehen bei einem Migrantenanteil von 30 Prozent in einem Bezirk Zwangsmaßnahmen wie den Abriss von Häusern vor.

Seit zehn Jahren gibt es in Dänemark eine sogenannte Gettoliste. Auf dieser können Wohngebiete landen, wenn sie mehrheitlich von Menschen aus „nicht westlichen Ländern“ bewohnt werden, ihr Anteil also 50 Prozent übersteigt und wenn in puncto Kriminalität, Bildungsstand, Arbeitslosigkeit und Einkommen bestimmte Kriterien erfüllt sind. Das berichtet der Journalist und Skandinavien-Experte Thomas Borchert.

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Sobald die Gegend als Getto aufgelistet ist, wird automatisch ein Mix aus Zwangs- und Fördermaßnahmen aktiviert. So gilt dann ein Kitazwang für Kinder ab einem Jahr. Außerdem ist dann im Getto das Strafmaß für bestimmte Vergehen doppelt so hoch wie sonst in Dänemark, berichtet Borchert.

Wohnungsabriss und Zwangsumsiedlung

Nun will die sozialdemokratische Regierung, die seit zwei Jahren im Amt ist, die Quoten sogar noch absenken. Ab einem Wert von 30 Prozent soll es bereits zu solchen Zwangsmaßnahmen kommen.

Außerdem gebe es sogenannte harte Gettos, sagt Borchert:

„Wenn fünf Jahre lang ein Bezirk als Getto definiert worden ist, dann wird das automatisch ein ‚hartes Getto‘. Und dann kann zu den Zwangsmaßnahmen noch hinzukommen, dass Wohnblöcke abgerissen werden, um die Mieter dieser in der Regel immer billigen Sozialwohnungen zum Wegziehen zu zwingen. Gebaut werden dann dafür kleinere Eigenheime oder Reihenhäuser, die sich die ehemaligen Bewohner natürlich nicht leisten können.“

Dadurch entstehe ein Zweiklassenrecht, „wo man das Recht auf freie Wahl der Wohnung einschränken kann, weil jemand als Herkunftsland ein arabisches oder afrikanisches Land hat“, sagt Borchert.

Ein Wohnblock im dänischen Helsingør. (imago / Ritzau / Scanpix / Liselotte Sabroe)So sieht ein Getto in Dänemark aus. Noejsomhed Sydvej in Helsingør ist offiziell als solches gelistet. (imago / Ritzau / Scanpix / Liselotte Sabroe)

In Zukunft soll aber das Wort Getto nicht mehr verwendet werden, es sei zu stigmatisierend, stattdessen wolle man von Parallelgesellschaften sprechen, so Borchert. Aber auch das habe eine negative Konnotation.

„Hinter dieser Art von Politik stehen im dänischen Parlament 80 Prozent der Abgeordneten“, sagt der Experte. Doch noch sind das alles nur Pläne und es sei fraglich, ob sie in dieser extremen Form auch umgesetzt würden.

Entscheidend sei, dass in dieser scharfen Form über Migranten geredet werde. Dabei würden die positiven Entwicklungen in Sachen Integration in Dänemark bewusst ausgeklammert, sagt der Journalist Thomas Borchert.

(ckr)

Mord an Afro-Dänen auf Bornholm: Spielt Rassismus eine Rolle?

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Zwei frühere Schulfreundinnen des 28-Jährigen Mordopfers legen Blumen am Tatort auf Bornholm ab. 

Bornholm

Sind Dänen immun gegen Rassenhass?

  • von Thomas Borchert

Nach einer brutalen Mordtat schließt die Polizei ein fremdenfeindliches Motiv verblüffend schnell aus.

Auf der Ostseeinsel Bornholm haben zwei Einheimische einen Afro-Dänen nachts in einem Wald stundenlang so schwer misshandelt, dass er am folgenden Tag im Krankenhaus starb. Die Polizei teilte mit, dass einer der beiden dabei ein Knie auf den Hals des Opfers presste, genau wie ein US-Polizist im Fall des dabei getöteten Afro-Amerikaners George Floyd. Zwei Brüder wurden als tatverdächtig festgenommen, einer der beiden gilt als stolzer Träger von Hakenkreuz- und „White-Power“-Tattoos und huldigt auf Facebook einem wegen rassistischer Hetze verurteilten Koranverbrenner. Dennoch ist sich Dänemarks Polizei auffallend schnell sicher: Rassismus ist kein Motiv bei diesem Mord.

Keine Hygge: Eine absurd verweigerte Einbürgerung in Dänemark

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Kopenhagen 2020: die Autorin an ihrem Schreibtisch. privat
Skandinavien 2020: Autorin Annette Herzog  am Schreibtisch.© privat

28.05.20 17:35

Einbürgerung in Dänemark

Dänisch lernen ist nicht schwer …

  • von Thomas Borchert

… Dänin werden dafür sehr. Annette Herzog lebt seit 30 Jahren in Kopenhagen, ihre Bücher sind preisgekrönt. Nun wird ihr die Einbürgerung verweigert, weil sie keinen Sprachtest vorweisen kann.

So einen wilden Slalom quer durch die zweite Sprache im Leben muss man erst mal hinbekommen, noch dazu mit Bilderbuchsturz vor dem Ziel. Annette Herzog, 1960 in der DDR geboren und dort zur Dänisch-Dolmetscherin ausgebildet, hat es nach Wende und Auswanderung in die Spitzengruppe von Dänemarks Kinderbuchautorinnen geschafft. Um jetzt vom Kopenhagener Ausländerministerium die Ablehnung ihres Antrags auf Einbürgerung mitgeteilt zu bekommen, weil sie „die geltenden Bestimmungen zum Nachweis von Dänischkenntnissen nicht erfüllt“.

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Dänisches Einbürgerungsrecht: Das Groteske wird weitergetrieben bis zur Grausamkeit.

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Wie Einbürgerung systematisch verhindert wird

Kommentar

Dänemarks Staatsbürgerschaftsrecht ist in den letzten Jahren durch immer mehr Regelverschärfungen noch restriktiver geworden und liegt damit im europäischen Trend. “So etwas kommt also dabei heraus, wenn rechtspopulistische Parteien über längere Zeit das Sagen haben”, kommentiert Thomas Borchert.

dänische Flagge

„Stellen Sie sich doch mal einen Moment vor, Deutschland oder Österreich hätten Hitler 1945 posthum ausgebürgert.“ Rainer Bauböck aus Wien kommentiert mit dem überraschenden Vergleich die von der Großen Koalition in Berlin im Sommer 2019 eingeführte Möglichkeit, IS-Kämpfer*innen den deutschen Pass zu entziehen. Der Politik-Professor, führende europäische Autorität beim Staatsbürgerschaftsrecht, kontert mit kühler Logik das darin enthaltene Prinzip, Verantwortung einfach einem anderen Staat aufzuladen und fährt fort: „Hitler als ‚bad guy’ aus unserer Mitte anzuerkennen, war wichtig für den Aufbau eines liberalen, demokratischen Konsenses in beiden Ländern.“

Ganz persönliche Probleme mit dem Einbürgerungsrecht hatten mich dazu gebracht, Bauböck um ein Skype-Interview zu bitten. Mich interessierte ein breiter, internationaler Blick, nachdem mir der eigene Antrag auf Einbürgerung in Dänemark (als Doppel-Staatsbürger) nach 35 Jahren im Land erst mal die Sprache verschlagen hat. Nie hätte ich erwartet, auf ein so feindselig abweisendes, allen rechtsstaatlichen Prinzipien Hohn sprechendes und überdies dysfunktionales bürokratisches Monstrum zu treffen.

Das irrsinnige Einbürgerungsverfahren

Im Antrag auf Einbürgerung waren auch zwölf Jahre zurückliegende Wochenend-fahrten zu meiner Mutter in Hannover wie alle anderen Auslandsaufenthalte mit genauem Datum und Besuchszweck aufzulisten. Antragstellende müssen für 50 Jahre zurückliegende Bagatell-Bußgelder Originaldokumente beschaffen. Die es natürlich nicht mehr gibt. Der Ermessensspielraum bei der Bewertung aller Angaben durch einen Parlamentsausschuss ist grenzenlos, der in Zweifelsfällen am Ende per Abstimmung entscheidet. Abgewiesene haben keinen Anspruch auf Begründung und schon gar keine Möglichkeit zu Einspruch oder gerichtlicher Klärung. Am Ende des zwischen zwei und drei Jahren laufenden Verfahrens steht als letzte Hürde der Zwangshändedruck mit einem Staatsrepräsentanten oder einer Staatsrepräsentantin. Wer den ablehnt, wird nicht eingebürgert.

Dieser Irrsinn im Königreich Dänemark ist schnell erklärt. Zwei Jahrzehnte lang haben hier die Rechtspopulist*innen als Mehrheitsbeschaffende für Mitterechts-Regierungen so gut wie freie Hand bekommen, das Einbürgerungsrecht nach und nach in eine immer uneinnehmbarere Festung zu verwandeln.

Wer ferngehalten werden soll, hat Marie Krarup von der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, Vorsitzende des allmächtigen Einbürgerungsausschusses im Parlament, ohne Umschweife dargelegt: „Es gibt jede Menge guter Gründe für den Stopp von Staatsbürgerschaften an Muslime.“

Unendliche viele Fallgruben sollen die Unerwünschten aussieben

Das mit diesem Ziel errichtete Regel-Bollwerk trifft auch die eigentlich erwünschten Zugewanderten mit bleicher Haut, „westlichen Werten“ sowie am liebsten Luther im kulturellen Gepäck. Noch wird das nicht ausdrücklich abgefragt, aber es gibt
ernstzunehmende parlamentarische Initiativen für die Einführung von Pflichtinterviews zur Gesinnungskontrolle: Die „Loyalität gegenüber der Demokratie“ wollen Mitglieder des Einbürgerungsausschusses höchstpersönlich abfragen können. So ließen sich alle aussieben, die „mit Nazismus, Kommunismus oder Islamismus die Demokratie untergraben“.

Sogar mit Luther könnte ich dienen, dennoch muss ich aus allerlei bizarren Gründen genauso mit der Verweigerung der Einbürgerung und damit des Wahlrechts nach dreieinhalb Jahrzehnten als Steuerzahler rechnen wie die Unerwünschten. Es gibt so unendlich viele Fallgruben. Als Fundament für dieses System dient eine unverändert geltende Verfassungsbestimmung aus dem Jahr 1849, die jede einzelne Einbürgerung als Akt der Gesetzgebung einstuft. Seltsam lebendig geblieben ist auch das völkisch-nationalistische Rüstzeug aus dieser, dachte ich jedenfalls, längst versunkenen Zeit.

Als ich das in einem viel zu langen, aber dank der grotesken Beispiele unfreiwillig unterhaltsamen Beitrag  für die Kopenhagener Zeitung „Politiken“ als lächerlich und empörend zugleich dargelegt habe, kam Fan-Post ausgerechnet von einem Spitzenmann der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei namens Morten Messerschmidt: „Danke für den ausgezeichneten Beitrag.“ Ich hätte vollkommen recht, dem bizarren Einbürgerungszirkus seien auch europäische Freunde von ihm ausgesetzt, aber der Ausweg sei klar: „Vernünftig wäre ein Regelsatz für Leute aus westlichen und einer für die aus islamischen Ländern.“ Noch gebe es leider im „heiligen Namen des Internationalismus“ keinen Unterschied zwischen dem „marokkanischen Ziegenhirten und dem amerikanischen Ingenieur.“ Im Klartext will er sein Land aus internationalen Konventionen ausklinken, die z.B. Diskriminierung wegen Herkunft und Religion verbieten.

Eine neue Form der Klassengesellschaft?

Die immer neuen Regelverschärfungen der letzten Jahre haben auch so schon einen scharfen Selektions-Effekt mit sinkenden Einbürgerungszahlen und veränderter Zusammensetzung der Eingebürgerten. „Gut so“ kommentierte bei Bekanntwerden der Zahlen die (inzwischen abgelöste) Ministerin für Ausländer und Integration. Besonders gefiel ihr, dass der Anteil von Eingebürgerten aus „nicht-westlichen Ländern“, in Dänemarks offizieller Statistik das Synonym für die islamische Welt, von 70 Prozent im Jahr 2015 auf 21 Prozent gefallen ist. Die kräftig hochgeschraubten Anforderungen z.B. bei den Sprach- und Wissenstests funktionieren prima zum Auseinandersortieren von Erwünschten und Unerwünschten.

Damit ist Dänemark gut unterwegs auf dem Weg in eine neue Form von Klassengesellschaft mit immer mehr dauerhaft hier lebenden Menschen ohne Wahlrecht. Das Recht, das auch für mich der entscheidende Grund gewesen ist, meinen Antrag einzureichen: Nichts bringt die Integration und Vollwertigkeit als Bürger*in in einer Gesellschaft so klar und kraftvoll zum Ausdruck wie das uneingeschränkte Wahlrecht.

Vermutlich so gut wie alle, deren Antrag abgewiesen wird und in immer größerer Zahl diejenigen, die es gar nicht erst versuchen, bleiben ja im Land. Ihr Anteil an der dänischen Bevölkerung ist in den letzten Jahren stetig gestiegen und hat 2020 die Zehn-Prozent-Marke unter den 5,8 Millionen Bürger*innen erreicht. Gilt nicht hohe Wahlbeteiligung als immer mit allen Kräften anzustrebende Grundvoraussetzung für das Funktionieren von Demokratie?

Bei der Staatsbürgerschaft schwingen Rechtpopulisten den Taktstock

Die Einblicke in das dänische Einbürgerungssystem, erst als Antragsteller und dann mit journalistischem Blick durch die Lupe, sind für mich ein Lehrstück: So etwas kommt also dabei heraus, wenn rechtspopulistische Parteien über längere Zeit das Sagen haben. Mit einem vordemokratischen Staatsverständnis aus dem 19. Jahrhundert und dem Aushebeln der im 20. Jahrhundert durchgesetzten Menschenrechte wird auf das unveränderbare Faktum von Migration im globalisierten 21. Jahrhundert reagiert. Chaotisch Widersinniges gibt es als Zugabe obendrauf.

Auch für andere Länder sieht der Politologe Bauböck einen Trend zu verschärften Einbürgerungsregeln: „Dahinter stehen nicht nur die rechtpopulistischen, sondern auch die Zentrumsparteien, die aus Angst vor rechts die Reformagenda selbst übernehmen.“ Zu dieser Agenda gehört in immer mehr Ländern auch der Entzug von Staatsbürgerschaften für IS-Kämpfer*innen, der bei der Wählerschaft gut ankommt.

Dänemarks Wählerschaft hat im Juni 2019 mit einer krachenden Niederlage für die populistische Volkspartei (von 21,1 auf 8,7 Prozent) der immer maximal schlagzeilenträchtig daherkommenden Zuwanderungspolitik nach dem Motto „Hauptsache gegen die Muslime“ überraschend klar die Basis entzogen. Infolgedessen sind von der neuen sozialdemokratischen Regierung ein paar groteske Punkte aus dem Antragsformular für Einbürgerungen entschärft worden. Nur hatten die Sozialdemokraten ja auch versprochen, an der so ausgeprägt harten dänischen „Ausländerpolitik“ insgesamt unter allen Umständen festzuhalten. So nennen alle im Land ganz selbstverständlich die Migrationspolitik einschließlich Einbürgerung.

Warum also nicht noch eins draufsetzen, dachte man wohl in Kopenhagen, als im letzten Sommer aus Berlin die Nachricht kam, dass auch deutschen „Foreign Fighters“ für den IS in Syrien und Irak künftig der Pass entzogen werden kann. Das Parlament in Kopenhagen hat beschlossen, dass Kinder dänischer IS-Kämpfer*innen das bisher automatische Recht auf die Staatsbürgerschaft der Eltern verlieren, wenn sie in so einem Kampfgebiet zur Welt gekommen sind. Auch dann, wenn die dänischen Pässe von Mutter und/oder Vater noch gelten.

Dänemark nimmt Neugeborene in Sippenhaft für Taten ihrer Eltern, stößt sie mit dem Staatsbürgerrecht aus und nimmt ihnen den Schutz des Staates. Das Groteske wird weitergetrieben bis zur Grausamkeit.

Rezension: Biografie über Asta Nielsen

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Biografie über “die Asta”

Die erste Filmdiva kämpft wie eine Löwin

Barbara Beuys hat “die Asta” in einer lesenswerten Biografie unter die Lupe genommen. Die Dänin Asta Nielsen wurde von Berlin aus erster Weltstar der Filmgeschichte. Noch als vergessene alte Frau hat sie wie eine Löwin um ihr Recht auf private Geheimnisse gekämpft.

31.03.2020, 10:55 Uhr

Barbara Beuys: Asta Nielsen – Filmgenie und Neue Frau, Insel Verlag, Berlin, 447 Seiten, 25,00 Euro, ISBN: 978-3-458-17841-5​. Foto: Insel Verlag/dpa

Von Thomas Borchert

Wie ein Dänin 1910 zum ersten Superstar der Filmgeschichte wurde, lässt sich schnell mit dem Stichwort “Gouchotanz” samt dem Namen Asta Nielsen (1881-1972) googeln. Man staunt auch heute noch über ihre wild herausfordernd kreisenden Hüften und die unwiderstehlichen Augen im Stummfilm “Abgrund”. Beim Dreh war sie 29, ließ sich nach diesem Erfolg mit der Aussicht auf größere Studios sowie hohe Gagen nach Berlin locken und breitete von hier aus schnell ihren Ruhm als Diva über den ganzen Globus aus. Read the rest of this entry »

Corona: Dänische Regierung verbreitet “vorsichtigen Optimismus” – Unternehmer machen Druck

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01.04.2020

Lockerung

Dänen peilen Neustart für Mitte April an

von Thomas Borchert

Regierung stellt für die Zeit nach Ostern erste Lockerung der Restriktionen in Aussicht.Die dänische Regierung Regierung hatte vor drei Wochen sehr schnell eine totale Blockade des öffentlichen Lebens verhängt.-

Als erste in Europa wagt sich Dänemarks Regierung mit einem Datum für den Neustart des öffentlichen Lebens vor: Weil die Zahl der Corona-Patienten in den Krankenhäusern und auch die der Toten mit bisher 90 (Stand Dienstagnachmittag) weit hinter den Befürchtungen zurückgeblieben sei, hat Ministerpräsidentin Mette Frederiksen den 5,8 Millionen Bürgern vom 13. April an, also direkt nach Ostern, die schrittweise Lockerung der umfassenden Restriktionen in Aussicht gestellt.

„Es beeindruckt mich tief, wie die allermeisten Bürger die Regeln eingehalten haben,“ sagte die Sozialdemokratin. Ihre Regierung hatte vor drei Wochen sehr schnell eine totale Blockade des öffentlichen Lebens mit Schließung aller Schulen, Heimarbeit für fast den kompletten öffentlichen Dienst und drastischen Versammlungsverboten wie auch der Schließung der Grenzen verhängt.

Aus den Krankenhäusern im ganzen Land wird ein verblüffend niedriger Patientenstand insgesamt und vor allem eben auch bei Corona-Patienten – Anfang der Woche waren es offiziell rund 530 – gemeldet. „Es zeigt sich, dass wir mit unseren Schritten bisher richtig lagen,“ erklärte Frederiksen, betonte aber auch immer wieder, dass nach wie vor die Gefahr einer schnellen Ausbreitung der Epidemie bestehe. Am Dienstag verhandelte die Regierungschefin mit allen Parlamentsparteien in Kopenhagen hinter verschlossenen Türen über einen Plan für die schrittweise Wiederöffnung des öffentlichen Lebens. „Das wird mindestens genauso schwer wie die Schließung des Landes“, sagte sie und nannte vor allem die Wiedereröffnung von Kindergärten und Schulen als zentrale Aufgabe, damit Eltern wieder an ihre Arbeitsplätze kommen können. Hingegen müsste sich vor allem ältere Menschen und andere, für die das Coronavirus aufgrund von Vorerkrankungen ein höheres Risiko darstellt, auf eine längere Zeit der Isolation einstellen.

Die Behörden erwägen unter anderem Schichtpläne für Schulen sowie möglichst flexibel gestaltete Arbeitszeiten, um die Ansammlung vieler Menschen in Büros und an Produktionsstätten wie auch beim Transport zu vermeiden. Epidemiologen verwiesen in Kommentaren darauf, dass die Ankündigung der Regierung genauso eine „politische Entscheidung“ sei wie drei Wochen zuvor die schnellen und umfassenden Restriktionen.

In den letzten Tagen hatten Arbeitgeberverbände und ihnen nahestehende Politiker zunehmend öffentlichen Druck für die schnelle Wiedereröffnung des öffentlichen Lebens gemacht. Frederiksens Vorgänger als Regierungschef, der Liberale Lars Løkke Rasmussen, schrieb: „Zu einem Zeitpunkt müssen wir das kalkulierte Risiko eingehen, dass Dänemark nicht geschlossen bleiben kann, bis ein Impfstoff da ist.“

Grenzen dicht: Dänemark fährt die harte Corona-Linie

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Dänemark

Notfalls mit Militär

  • von Thomas Borchert

Dänen wollen mit restriktiven Gesetzen Corona eindämmen.

Dänemarks Politiker haben sich für die ganz harte Linie gegen die Ausbreitung des Coronavirus entschieden. Innerhalb von drei Tagen grenzte die Regierung erst den gesamten öffentlichen Dienst ein bis auf die dringend benötigten Funktionen und schickte die Beschäftigten nach Hause. Sie verbot zudem Versammlungen mit mehr 100 Teilnehmern und ließ sämtliche Kitas, Schulen, Unis und andere Bildungstätten schließen. Darüber hinaus verabschiedete das Parlament in der Nacht zum Freitag beispiellos harte Ausnahmegesetze. Die Gesundheitsbehörden können ab sofort Zwangstests, Zwangsimpfungen sowie Zwangsbehandlungen anordnen und für die Durchsetzung ihrer Anordnungen neben der Polizei auch Militär sowie private Wachdienste einsetzen. Read the rest of this entry »

“Dänische Werte” trotzen Corona: Tausende treten zum Zwangshändedruck an

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Dänemark

Flache Hand an flacher Hand

  • von Thomas Borchert

Wer Däne oder Dänin werden will, muss Hände schütteln. Auch in Zeiten von Corona.

Shakehands mit Kopenhagens Bürgermeisterin Cecilia Lonning-Skovgaard. Jakob Balthazar MunkShakehands mit Kopenhagener Bürgermeisterin Cecilia Lonning-Skovgaard. Photo: Jakob Balthazar Munk

Das ist mal eine Nachricht gegen den Strich: Dänemarks Behörden trommeln in diesen Corona-Wochen Tausende Bürger zu einem rituellen Pflicht-Händedruck zusammen. Während überall auf der Welt das Händeschütteln als Überträger des Coronavirus mächtig an Popularität eingebüßt hat, gilt für Anwärter auf die dänische Staatsbürgerschaft, dass sie den Körperkontakt mit einem Gemeindevertreter „ohne Handschuhe, flache Hand an flacher Hand“ auszuführen haben. Die korrekte Befolgung der Dienstanweisung ist dem Ausländerministerium in Kopenhagen von der Kommune mitzuteilen, andernfalls wird die Einbürgerung verweigert.

Beschlossen hat das eine Parlamentsmehrheit Ende 2018, um ein „Zeichen zu setzen“ gegen etwaige muslimische Verweigerer des Händedrucks. In der Begründung für die Vorschrift hieß es über die (vermutlich 99,9 Prozent) Schüttelwilligen: „Sie signalisieren symbolisch, dass sie die dänische Gesellschaft und die dänischen Werte angenommen haben.“ Zu den Kritikern gehören etliche Bürgermeister, die bei „Verfassungszeremonien“ in allen 98 Gemeinden ihre sozusagen staatliche Hand reichen sollen.

Bürgermeisterin Bente Hansen in Frederikshavn meint, dass sie bei Besuchen zum Beispiel aus Asien Begrüßungsformen wie Augenkontakt mit einem Lächeln, gefaltete Hände oder eine leichte Verbeugung sehr o. k. findet: „Da strecke ich doch auch nicht meine Hand aus und sage, so machen wir es nun mal bei uns.“

Die Regel ist seit 1. Januar in Kraft. Zeitgleich mit den ersten Einberufungen zum verordneten Körperkontakt kam die Nachricht vom Coronavirus und vergangene Woche aus dem Skiurlaub in Norditalien auch der erste Infizierte nach Dänemark. Medien berichten, dass die Berufsfeuerwehr in Mittel-Jütland und der Finanzkonzern Nordea jeden Händedruck am Arbeitsplatz verboten haben. Beide können für sich in Anspruch nehmen, dass sie wichtige Verteidiger „dänischer Werte“ sind, genau wie das Gesundheitswesen. Betrübt konstatierte ein Kommentator in „Jyllands-Posten“, dass ihm seine Ärztin im Krankenhaus den Händedruck verweigert und mit einem „mütterlichen Schulterklopfen“ abgespeist habe. Danach sei sie zum Desinfektionsmittel-Spender geeilt.

Den gut 500 Kopenhagener Anwärtern auf die dänische Staatsbürgerschaft standen vergangene Woche im Rathaus keine dieser Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung. Kirsten Kock, als Hamburgerin in Dänemark 2016 eingebürgert, schaute zu, als die Kandidaten in langen Schlangen auf ihren Zwangshändedruck warten mussten: „Desinfektionsmittel waren nirgends in Sicht.“ Ihre Freundin Penelope, habe selbst eins mitgebracht und vor sowie nach dem Händedruck („ohne Handschuhe, flache Hand an flacher Hand“) gesprüht. Einer der 500 Kandidaten verweigerte nach dem Schlangestehen dem Staatsvertreter die Hand und ging wortlos seiner Wege. Vermutlich weniger aus Angst vor Corona, sondern als Protest gegen das Zwangsritual. Nun kann er kein Däne werden.

Ausbürgerung: Dänische Regierung setzt für eine Handvoll IS-Kämpfer den Rechtsstaat außer Kraft

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Nordsyrien

Türkei-Angriff in Syrien: Furcht vor Rückkehr von IS-Kämpfern wächst

  • von Stefan Brändle
  • Thomas Borchert

Nach Türkei-Angriff in Syrien bringt Dänemark ein Gesetz ein und Frankreich schlägt Alarm – in Europa will man die Terroristen lieber ausbürgern.

Die türkische Militäroffensive im syrischen Kurdengebiet wirft erneut die Frage nach dem Umgang mit den dort inhaftierten ausländischen IS-Kämpfern und ihren Angehörigen auf. Ankara erwartet, dass die Heimatländer ihre Staatsangehörigen zurückholen. Die Bereitschaft dazu ist in vielen europäischen Staaten gering. So beschloss beispielsweise der Deutsche Bundestag im Juni mit den Stimmen der großen Koalition ein Gesetz, das es ermöglicht, Kämpfern „terroristischer Vereinigungen“ mit Doppelpass die deutsche Staatsbürgerschaft abzuerkennen.

Die dänische Regierung geht beim Thema Ausbürgerung mit einem Eilgesetz noch einen Schritt weiter. So sollen erste Möglichkeiten zur Ausbürgerung von IS-Kämpfern ohne zweite Staatsbürgerschaft öffnet werden. Dies war bisher auch für Dänemark als Unterzeichnerstaat der internationalen Konvention gegen Staatenlosigkeit tabu. Im Gesetzentwurf heißt es jetzt: „In die Bewertung, ob eine Person durch die Ausbürgerung staatenlos wird, kann auch eingehen, ob der/die Betreffende die Staatsbürgerschaft in einem anderen Land durch einfache Registrierung bei den zuständigen Behörden erwerben kann.“

Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen begründet die Initiative mit dem Risiko für den Zusammenbruch von Gefangenenlagern im bisher kurdischen Teil Syriens, so dass die IS-Kämpfer freikommen: „Sie sind ein Risiko für unser aller Sicherheit und unerwünscht. Die Regierung wird deshalb alles nur Denkbare tun, um sie an der Rückkehr nach Dänemark zu hindern.“ Nach Inkrafttreten der Neuregelung kann das Ausländerministerium in Kopenhagen mit einem simplen Verwaltungsentscheid den jeweiligen Pass bei Vorlage entsprechender Informationen vor allem durch den Geheimdienst PET mit sofortiger Wirkung entziehen, auch wenn die Person sich im Ausland aufhält und weder angehört noch gerichtlich verfolgt werden kann.

„Islamistische Hydra“

Kurz nach der Sommerpause hatte die Regierung schon angekündigt, dass neugeborene Kinder von dänischen IS-Kämpfern nicht mehr in jedem Fall die Staatsangehörigkeit der Eltern zuerkannt bekommen sollten.

Kopenhagen hat sich auch mit Händen und Füßen gegen die Forderung von Menschenrechtsorganisationen gewehrt, die Kinder gefangener Staatsbürger in den bisher unter kurdischer Kontrolle stehenden Lagern nach Hause zu holen.

Auch in Frankreich wird über die Möglichkeiten diskutiert, die IS-Kämpfer von der Heimat fernzuhalten. Ohne die logistische und nachrichtendienstliche Hilfe der Amerikaner sind Frankreichs Luftwaffe und Spezialeinheiten in Syrien nicht mehr einsatzfähig. Für Frankreich ist das besonders hart: Mit seiner Militärmission wollte die ehemalige Mandatsmacht in Syrien (1920-1946) einen gewissen Einfluss zwischen USA und Russland aufrechterhalten. Vor allem aber sollte dieser Einsatz gefährliche IS-Dschihadisten von Frankreich und seinen Banlieue-Vierteln fernhalten.

Diese Strategie droht nun zu scheitern, wie auch Außenminister Jean-Yves Le Drian einräumt: „Die Offensive der Türkei gefährdet fünf Jahre Einsatz gegen den IS.“ Macron meinte ohne diplomatische Umschweife, die einseitige Operation der Türkei müsse „sofort aufhören“. Denn sie könne nur den IS-Milizen helfen, ihr Kalifat wieder aufzubauen.

Frankreich steht weiterhin unter dem Eindruck des jüngsten Messerattentates in Paris, bei dem vier Polizistinnen und Polizisten ums Leben kamen. Macron kündigte einen entschlossenen Kampf gegen die „islamistische Hydra“ an. Dazu passen die Meldungen über allfällige „Rückkehrer“ aus Syrien aber schlecht.

Der ehemalige Chef der französischen Polizei, Frédéric Péchenard, sagte, ein „beträchtlicher Teil“ der 2500 ausländischen IS-Kämpfer, die sich in kurdischer Haft befänden, seien Franzosen. Wenn sie großräumig in Freiheit kämen, sei das für Frankreich „äußerst besorgniserregend“.

Auf der Jagd nach Profiten: Wie auch Grönland militarisiert wird

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Geopolitik

8.9.2019

Hotspot Grönland

  • von Thomas Borchert

Außer den USA verfolgt auch China strategische Interessen auf Grönland. Dazwischen sucht das kleine Dänemark seine Rolle.

Häuser beim US-Militärflugplatz Thule Air Base auf Grönland. © afp

 

Das groteske Kaufinteresse von Donald Trump an Grönland hat in Dänemark erst ungläubiges Kopfschütteln und dann eine Debatte über die eigene Rolle ausgelöst. „In einer Zeit mit entscheidender strategischer Bedeutung für die Arktis muss Grönland eine gewichtigere Rolle in der dänischen Politik bekommen,“ forderte die konservative Zeitung „Berlingske“, als sich die Aufregung über den US-Präsidenten und seine ebenso beleidigte wie beleidigende Absage eines Staatsbesuchs etwas gelegt hatte. Das Kopenhagener Blatt bemühte große Worte: „Unser Königreich ist eine arktische Supermacht wie Norwegen, die USA, Russland und Kanada. Ohne Grönland wird Dänemark ein amputierter Zwerg.“

Die größte Insel der Welt hat gerade mal 56.000 Bürgerinnen und Bürger. Ihnen haben die vor 300 Jahren als Kolonialherren herangesegelten Dänen die volle staatliche Unabhängigkeit zugesagt. Bis auf die Außen- und Sicherheitspolitik ist sie als Teilautonomie schon Wirklichkeit. Aber die Karten werden zwischen Kopenhagen und Grönlands Hauptstadt Nuuk neu verteilt, seit das Eis hier in klimatechnisch alarmierendem Tempo schmilzt. Die Aussicht auf den Abbau gigantischer Bodenschätze und die zunehmende Befahrbarkeit der Nordwest-Schiffspassage haben die Insel kommerziell und auch militärstrategisch zu einem geopolitischen Hotspot gemacht.

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