Die Regierungsbildung wird für die Sozialdemokraten nach dem Erstarken der Rechten schwierig.
Das glücklichste Volk der Welt ist für bessere Krankenhäuser, Schulen, ehrgeizige Klimaziele und mehr Respekt für Arbeitslose nach links gerückt, hat aber zugleich Rechtspopulisten mit ihren Parolen gegen Zuwanderer sowie „Klimahysterie“ stark gemacht. Finnlands bisheriger Regierungschef Juha Sipilä vom Zentrum wird nach der krassen Niederlage bei der Reichstagswahl wohl nicht mehr den aktuellen „UN World Happiness Report“ unterschreiben, wonach seine Landsleute zufriedener sind mit ihrem Leben als alle anderen Völker. Die 5,5 Millionen Finnen haben sich mit der Wahl eine politische Polarisierung beschert, die auch hier bisherige politische Konsensmodelle ins Wanken bringt. Read the rest of this entry »
Will in Stockholm weiter regieren: der Sozialdemokat Stefan Löfven.Foto: afp
Vier Monate nach der Wahl, aber ohne neue Regierung steht Schweden vor einer Weichenstellung. Dabei überschattet das Verhältnis der Parteien zu den massiv erstarkten Rechtspopulisten alles andere. Um zu verhindern, dass die aus Nazi-Gruppen entstandenen Schwedendemokraten (SD) als Mehrheitsbeschaffer für eine bürgerliche Minderheitsregierung salonfähig werden, haben sich am Freitag die Spitzen der bisher gemeinsamen regierenden Sozialdemokraten von Premier Stefan Löfven und die Umweltpartei mit dem Zentrum und den Liberalen aus dem Bürgerlager auf Grundsätze für eine Zusammenarbeit geeinigt.
Vor allem bei den Liberalen ist aber alles andere als sicher, ob der Parteirat am Sonntag dieser Linie folgt. Acht der 20 Abgeordneten haben sich bereits öffentlich für Löfvens konservativen Herausforderer Ulf Kristersson ausgesprochen. Dieser wäre – mit einem Mandat weniger im eigenen Lager als der Sozialdemokrat – in jedem Fall auch noch auf die Duldung durch die SD angewiesen. Kristersson will das Zentrum und die Liberalen von einem Lagerwechsel in letzter Minute durch eine „schriftliche Garantie“ abhalten, wonach es keine Absprachen mit den Populisten geben werde. Read the rest of this entry »
Die Allianz hinter dem konservativen Parteichef Ulf Kristersson ist zerbrochen.Foto: rtr
Stockholm steht mehr als zwei Monate ohne neue Regierung genauso ratlos wie am ersten Tag nach den Wahlen einer wenig angenehmen Königsfrage gegenüber: Was tun, wenn alle gewohnten Konstellationen von massiv erstarkten Rechtspopulisten blockiert werden? Am Mittwoch ist an entgegengesetzten Antworten erstmal die Bürger-„Allianz“ hinter dem konservativen Parteichef Ulf Kristersson zerbrochen.
Als Kandidat für das Amt des Regierungschefs zusammen mit den kleinen Christdemokraten fuhr der 54-Jährige eine klare und absehbare Niederlage mit 154 gegen 195 Stimmen ein. Denn seine bisherigen Partner vom Zentrum und den Liberalen hatten auf „Nein“ gedrückt, weil die Mehrheit nur mithilfe der aus Nazi-Gruppen entstandenen Schwedendemokraten (SD) möglich war.
Seit die rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD) mit ihren knapp 13 Prozent, ähnlich wie die AfD im Bundestag, gewohnte Mehrheiten blockieren, quälen sich die traditionellen Parteien mit der Suche nach Auswegen herum. Weder der nur noch geschäftsführend als Premier amtierende Sozialdemokrat Stefan Löfven noch der Konservative Ulf Kristersson wollen eine große Koalition, darin sicher bestärkt durch das Berliner Elend. Noch ziert sich Kristersson, die für den Wechsel nötigen Stimmen der SD mehr oder weniger diskret an Land zu ziehen.
Am Ende wird er wohl auf die aus tiefbraunen Nazi-Gruppen entstandenen „Zuwanderungskritiker“ als Mehrheitsbeschaffer zurückgreifen. Zum täglich wachsenden Druck in diese Richtung haben Wirtschaftsbosse kräftig beigetragen, manche diskret, andere wie Johnson offensiv: „Ich seh’ nicht, warum die Bürger-Allianz nicht zur Macht greifen soll.“ Bei der aus eigener Sicht wichtigen Fragen seien die Populisten „kein großes Problem“.
Ganz oben auf der Agenda beim Arbeitgeberverband stehen die „Flexibilisierung“ des Arbeitsrechts und die Sicherung von unbegrenztem privatem Profit in der Schulbranche (richtig gelesen!) und anderen früher klassisch öffentlichen Tätigkeiten. In Schweden ist das ein Boom-Sektor, in dem auch die ganz Großen eifrig mitmischen. Eine Folge: Diskrete Kontakte zwischen Arbeitgeberverband und SD vor der Wahl brachten die Populisten zur Abkehr von ihrem ursprünglichen Eintreten für eine Profitgrenze im Wohlfahrtssektor.
Es gibt andere milliardenschwere Stimmen. Karl-Johan Persson (43) aus der Eignerfamilie des Textil-Weltkonzern H&M kritisiert die Populisten für die „Verbreitung von Angst mit einem merkwürdigen Menschenbild“. Er plädiert für eine Gesellschaft, „die offen ist für Flüchtlinge und Menschen anderer Nationalitäten“. 41 schwedische Unternehmer warnten in einem offenen Brief, die Öffnung zu den SD gefährde „Kreativität, Innovation und Wohlstand“. Liberale Grundwerte seien kompromisslos gegen „eingeschränkten Nationalismus“ zu verteidigen.
Gyllenhammar stuft Johnson, einst mit ihm zusammen bei den Liberalen aktiv, als „ahnungslos“ sowie Wendehals ein und wird umgekehrt als nicht mehr ernstzunehmender „Mann der Vergangenheit“ angegangen. Dessen dünner gewordene Stimme aus dem Radio allerdings auch den etwas weiteren Horizont offenbart: Er habe nicht vergessen, dass die Mehrheit in Schweden Hitler noch bejubelte, als längst klar war, zu welchen Verbrechen der Aufstieg der Faschisten geführt hat, erinnerte der langjährige Volvo-Chef.
Schiffe der Nato und der finnischen Marine bei einem gemeinsamen Manöver in der Ostsee.Foto: Imago
Für Donald Trump gehört das allianzfreie Finnland wohl schon zur Nato. Vor den Turbulenzen beim amerikanisch-russischen Gipfel in Helsinki klopfte er dem gastgebenden Präsidenten Sauli Niinistö wie einem Verbündeten auf die Schulter: „Wir haben uns ja gerade erst getroffen. Die Nato war nie so stark wie heute.“ Niinistö und Stefan Löfven, Regierungschef im genauso allianzfreien Schweden, saßen als einzige Gäste beim Nato-Gipfel mit am Brüsseler Tisch. Der dabei fast lautlos beschlossene weitere Ausbau der Kooperation mag beim wenig detailversessenen Mann aus Washington den Eindruck verstärkt haben, dass diese Nordeuropäer einfach dazugehören.
Richtig daneben liegt er damit nicht. Beim Gipfel verabredeten beide Regierungen mit der Nato den schnellen gegenseitigen Austausch von Informationen über militärische Bewegungen in der Luft und zu Wasser („shared situational awareness“) im Ostseeraum. Read the rest of this entry »
Hagen 2015 auf dem Weg zur Preisverleihung in Oslo.Foto: afp
So giftige parteipolitische Töne hat man von den Hütern des Friedensnobelpreises lange nicht gehört. „Blockiert ihr unseren Rechtspopulisten, werfen wir euren Sozialdemokraten raus.“ Vor der Verleihung der diesjährigen Auszeichnung an die Anti-Atomwaffenkampagne ICAN am Sonntag in Oslo sagt das so direkt zwar keiner. Stattdessen sprechen Taten: Um den Einzug des kontroversen Rechtspopulisten Carl I. Hagen in das Nobelkomitee zu verhindern, hat eine Parlamentsmehrheit gegen die Mitterechtsregierung vage Regeln verbindlich festgezurrt, und das auch noch im Eilverfahren: Mitglieder und Ersatzmitglieder im Osloer „Storting“ sind ab sofort vom Einzug in die fünfköpfige Jury mit der Entscheidung über den wohl prestigeträchtigsten Preis der Welt ausgeschlossen. Um die politische Unabhängigkeit zu sichern, hieß es.
„Alles vorgeschoben. Das ist gegen mich persönlich gerichtet“, ereiferte sich der Ex-Parteichef mit hochrotem Kopf in den Wandelgängen des Parlaments. Niemand konnte dem Ersatzmitglied im Parlament überzeugend widersprechen. Auch mit 73 kämpft Hagen um möglichst ununterbrochene öffentliche Aufmerksamkeit. In der eigenen Fortschrittspartei, von ihm ab 1978 als „Steuerrebell“ über drei Jahrzehnte geführt, ist er längst abgehalftert und mit seiner Nachfolgerin Siv Jensen, als Finanzministerin schon im fünften Regierungsjahr, so über Kreuz wie das Duo Seehofer&Söder. Read the rest of this entry »
Nach der Wahl des offen rassistischen Jussi Halla-aho zum neuen Vorsitzenden der rechten „Wahren Finnen“ kündigt Ministerpräsident Juha Sipilä die Koalition auf.
Jussi Halla-aho, 46, ist wegen Hetze gegen den Islam vorbestraft.Foto: Jussi Nukari (Lehtikuva)
Wenn Rechtspopulisten die Anhänger wegen zu zahmer Politik im Regierungbündnis weglaufen, kann man es einfach wieder andersherum probieren: Die „Wahren Finnen“ haben in Helsinki nach zwei Jahren die Koalition mit den Konservativen und dem Zentrum gesprengt.
Mette Frederiksen, Chefin der Sozialdemokraten, preist die „vertrauensvolle Kooperation“ mit den Rechtspopulisten. Foto: rtr
Die dänischen Sozialdemokraten reden der rechten Konkurrenz nach dem Mund. Die rechtspopulistische Volkspartei diktiert die Ausländerpolitik.
Wenn der sozialdemokratische Fraktionschef Auffanglager für Flüchtlinge in Nordafrika vorschlägt, steht einer Regierungszusammenarbeit mit den Rechtspopulisten wohl bald nichts mehr im Wege. Die klatschen Beifall und sind entzückt von der Aussicht auf einen Paarlauf: Was man zusammen nicht alles erreichen könnte gegen die islamische Zuwanderungsflut! Dass die Parteispitze der Sozialdemokraten die „hart arbeitenden Menschen“ umwirbt, fügt sich harmonisch ein.