Vorbereitung auf möglichen Angriff: Schweden rüstet gegen Russland auf
von Thomas Borchert
Die sozialdemokratische Regierung will Militärausgaben um 40 Prozent steigern. Damit will sich das Land auf einen möglichen Angriff Russlands vorbereiten.
Schweden plant, das Militärbudget kräftig zu erhöhen.
Grund dafür soll ein „nicht mehr auszuschließender“ Angriff Russlands auf die schwedische Insel Gotland sein.
Einen Beitritt zur Nato schließt die sozialdemokratische Regierung Schwedens weiter aus.
Stockholm – Über 200 Jahre ist Schweden von Krieg verschont geblieben und will sich jetzt mit massiver Aufrüstung vor augenscheinlich neuen Gefahren im Ostseeraum schützen. „Russlands Agieren“ lautet ausdrücklich die Begründung für die geplante Steigerung der Militärausgaben um 40 Prozent in den nächsten fünf Jahren.
Der sozialdemokratische Verteidigungsminister Peter Hultqvist nannte jetzt bei der Vorlage der konkreten Pläne als Beispiele die russische Aggression gegen Georgien, die Annektion der Krim, den Konflikt mit der Ukraine sowie Manöveraktivitäten auf der arktischen Kola-Halbinsel, im Nordatlantik und eben auch auf der Ostsee.
Schwedische Verteidigungsminister: Abrüstung nach dem Kalten Krieg war ein Fehler
Die kräftige Abrüstung seines Landes nach dem Ende des Kalten Krieges zwischen 2000 und 2015 sei ein Fehler gewesen, den man nicht wiederholen dürfe. „Seit den 50er Jahren haben wir nicht so stark auf die Armee gesetzt wie jetzt“, meinte Hultqvist zu der anstehenden Wiederaufrüstung, für die er mit einer breiten Mehrheit im Stockholmer Reichstag rechnen kann. Von 60 auf 89 Milliarden Kronen (5,7 auf 8,6 Mrd. Euro) sollen die Militärausgaben steigen: Mehr U-Boote, mehr Kampfflugzeuge, Verdoppelung der Anzahl Wehrpflichtiger von 4000 auf 8000, Gesamtanstieg des Personals bei den Streitkräften von 60 000 auf 90 000 Personen (bis 2030) und nicht zuletzt mehr militärische Präsenz auf der Schweden vorgelagerten Ostsee-Insel Gotland.
Die Sipri-Friedensforscher verzeichnen einen weltweiten Anstieg der Militärausgaben.
Die Rüstungsausgaben sind im vergangenen Jahr mehr als doppelt so stark gestiegen wie die Zahl der Menschen auf der Welt. Wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri ermittelt hat, kletterten die Militärhaushalte aller Staaten 2018 um 2,6 Prozent auf die gigantische Summe von 1,82 Billionen Dollar. Für jeden der knapp 7,6 Milliarden Erdbewohner (1,1 Prozent mehr als 2017) entspricht das einer Ausgabe aus der Staatskasse von 239 statt 230 Dollar im Vorjahr. Vor wenigen Wochen hatten die Friedensforscher in der schwedischen Hauptstadt einen Anstieg der weltweiten Rüstungsexporte in diesem Jahrzehnt um fast ein Viertel konstatiert. Read the rest of this entry »
Sipri-Bericht:USA dominieren das globale Waffengeschäft
Der Umsatz der 100 größten Rüstungsproduzenten steigt weltweit auf fast 400 Milliarden Dollar. Die USA stellen fünf der weltweit zehn größten Rüstungskonzerne.
Donald Trump posiert für die Fotografen inmitten von Navy-Angehörigen in Philadelphia. Fürs Militär gibt der US-Präsident gerne Geld aus.Foto: rtr
Der aggressive Kurs von Staatenlenkern wie Donald Trump, Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan füllt die Auftragsbücher der Rüstungskonzerne. Nach der neuen Zusammenstellung des Friedensforschungsinstituts Sipri (Stockholm International Peace Research Institute) ist der Umsatz der 100 größten Waffenschmieden der Welt 2017 um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Das ist das dritte Plus in Folge. Seit 2002 wuchs der Umsatz um 44 Prozent auf 398 Milliarden Dollar (350 Milliarden Euro) im vergangenen Jahr. Auch die deutschen Unternehmen legten kräftig zu. Read the rest of this entry »
Schiffe der Nato und der finnischen Marine bei einem gemeinsamen Manöver in der Ostsee.Foto: Imago
Für Donald Trump gehört das allianzfreie Finnland wohl schon zur Nato. Vor den Turbulenzen beim amerikanisch-russischen Gipfel in Helsinki klopfte er dem gastgebenden Präsidenten Sauli Niinistö wie einem Verbündeten auf die Schulter: „Wir haben uns ja gerade erst getroffen. Die Nato war nie so stark wie heute.“ Niinistö und Stefan Löfven, Regierungschef im genauso allianzfreien Schweden, saßen als einzige Gäste beim Nato-Gipfel mit am Brüsseler Tisch. Der dabei fast lautlos beschlossene weitere Ausbau der Kooperation mag beim wenig detailversessenen Mann aus Washington den Eindruck verstärkt haben, dass diese Nordeuropäer einfach dazugehören.
Richtig daneben liegt er damit nicht. Beim Gipfel verabredeten beide Regierungen mit der Nato den schnellen gegenseitigen Austausch von Informationen über militärische Bewegungen in der Luft und zu Wasser („shared situational awareness“) im Ostseeraum. Read the rest of this entry »
Blauhelm-Soldaten in Mogadischu: Afrika ist mit 25 UN-Missionen Haupteinsatzgebiet.Foto: imago
Die UN-Friedensmissionen schrumpfen weltweit als Folge drastischer Beitragskürzungen durch die US-Regierung. Wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri ermittelt hat, sank die Zahl der vor allem in afrikanische Länder entsandten Blauhelmsoldaten im letzten Jahr bei alles in allem 63 internationalen Militärmissionen um 7,6 Prozent. Die Vereinten Nationen haben ihr Budget hierfür um 14 Prozent gekürzt. Dabei seien der Bedarf und auch die Bereitschaft zu solchen Einsätzen vor allem in Afrika zugleich gestiegen, sagte Jaïr van der Lijn, Sipris Experte für Peacekeeping-Einsätze und Konfliktmanagement, der FR.
Eurofighter-Typhoon-Kampfjets über der Militärbasis Mihail Kogalniceanu an der rumänischen Schwarzmeerküste.Foto: dpa
Die Welt rüstet weiter auf. Nach den neuen Erhebungen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri gaben alle Staaten zusammen im Jahr 2017 den Rekordbetrag von 1,74 Billionen Dollar für militärische Zwecke aus – und damit 1,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Die schwer fassbare Summe entspricht einem Betrag von 230 Dollar pro Person auf der Welt und 2,2 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes.
Während Washington das Ausgabenniveau gegenüber 2016 unverändert beibehielt, verringerte das seit Jahren stetig aufrüstende China mit einem Plus von 5,6 Prozent erneut den Abstand zur noch führenden Militärmacht: Peking zweigte im vergangenen Jahr 228 Milliarden Dollar für das Militär ab, mehr als doppelt so viel wie 2008. Die USA haben trotzdem immer noch fast dreimal so hohe Rüstungsausgaben (610 Milliarden Dollar), obwohl sich diese in den vergangenen zehn Jahren unter dem Strich um 14 Prozent verminderten. Read the rest of this entry »
Indische Soldaten präsentieren der Öffentlichkeit ihre neuen 120-Millimeter-Granatwerfer.Foto: afp
Die großen Rüstungsexporteure aus den USA und Europa liefern immer mehr neue Waffensysteme ausgerechnet in die gefährlichsten Krisenregionen der Welt in Nahost und Asien. Nach den neuesten Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri hat allein Saudi-Arabien, das seit 2015 an der Spitze einer Militärallianz Krieg im Jemen führt, seine Rüstungseinfuhren in zwischen 2013 und heute (gegenüber 2008 bis 2012) um 225 Prozent steigern können.
Das Königreich mit aggressiven Großmachtansprüchen und wenig Platz für Menschenrechte ist damit weltweit der zweitgrößte Importeur von Waffen nach Indien sowie der mit Abstand wichtigste Kunde für die US-Rüstungsindustrie. 98 Prozent aller Waffenlieferungen in dieses Land zwischen 2013 und 2017 kamen Sipri zufolge aus Nordamerika und Europa. Read the rest of this entry »
Ein Bundeswehr-Aufklärungsflugzeug vom Typ Tornado rollt auf der Startbahn des Fliegerhorsts Büchel (Kreis Cochem-Zell) in der Eifel. (Archivbild)Foto: Harald Tittel (dpa)
Kaum hat die Antiatomwaffenkampagne Ican den Friedensnobelpreis in Empfang genommen, belegen frische Zahlen, dass das weltweite Waffengeschäft blüht und gedeiht. Die großen Rüstungskonzerne wachsen dank zunehmender Militarisierung der Politik immer weiter, und deutsche Unternehmen haben die Nase mit vorn, wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri ermittelt hat: Die Waffenverkäufe der 100 Branchenführer sind 2016 nach einer Delle in den vergangenen fünf Jahren um 1,9 Prozent gegenüber 2015 auf 374,8 Milliarden Dollar (318,4 Milliarden Euro) gestiegen. Seit 2002 macht das unter dem Strich ein Plus von 38 Prozent.
Demonstration gegen Rüstung und die Sicherheitskonferenz in München. Foto: dpa
In den Staaten in Asien und Nahost hat sich die Aufrüstung um beinahe 86 Prozent gesteigert. Williger Rüstungslieferant ist nach wie vor Deutschland.
Die mit dem Namen Donald Trump verbundene weltweite Verunsicherung breitet sich auf dem Hintergrund massiver Aufrüstung in den gefährlichsten Konfliktzonen aus. Allein die Staaten in Nahost einschließlich der Türkei haben ihre Rüstungsimporte in den letzten fünf Jahren mit einer Steigerung um 86 Prozent fast verdoppelt. Nach einem weltweiten Zuwachs um 8,4 Prozent steht der Rüstungshandel auf dem höchsten Pegel seit Ende des Kalten Krieges.
Stockholm fürchtet Moskaus Einmischung in interne Angelegenheiten.
Rüstet euch für den Kriegsfall“, schrieb Schwedens Zivilschutzbehörde MSB kurz vor Weihnachten an alle Gemeinden. Man möge für mehr Schutzräume sorgen und auf keinen Fall Einsatzzentralen in Berghöhlen oder Ähnliches stilllegen. Eine neue Sicherheitsstrategie wegen der Angst vor russischem Hegemoniestreben im Ostseeraum hat Ministerpräsident Stefan Löfven am Wochenende angekündigt: „Schweden verstärkt jetzt sein Militär nach vielen Jahren in die andere Richtung.“