Sipri: Rüstungsexporte steigen und steigen
Westliche Waffenbauer im Exportrausch
Von Thomas Borchert

Die mit dem Namen Donald Trump verbundene weltweite Verunsicherung breitet sich auf dem Hintergrund massiver Aufrüstung in den gefährlichsten Konfliktzonen aus. Allein die Staaten in Nahost einschließlich der Türkei haben ihre Rüstungsimporte in den letzten fünf Jahren mit einer Steigerung um 86 Prozent fast verdoppelt. Nach einem weltweiten Zuwachs um 8,4 Prozent steht der Rüstungshandel auf dem höchsten Pegel seit Ende des Kalten Krieges.
Aus Asien vermeldet das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri, dass Indien beim Kampf um die regionale Vormacht in Asien bei einer Steigerung um 43 Prozent zum mit Abstand größten Rüstungsimporteur der Welt aufgestiegen ist.
Der Rivale China hat seine Rüstungsexporte zwischen 2012 und 2016 um 74 Prozent gesteigert und dabei vorzugsweise weitere Staaten der Region mit hohem Konfliktpotenzial wie Pakistan, Bangladesch und Myanmar aufgerüstet. „Ohne irgendwelche Vereinbarungen zur regionalen Rüstungskontrolle bauen die asiatischen Länder ihre Arsenale aus,“ sagt Sipris Regional-Experte Siemon Wezeman. Zu Diensten seien ihnen „viele willige Lieferanten“ wie Russland, die USA, europäische Länder einschließlich Deutschland sowie Israel und Südkorea.
USA steigern den Marktanteil
Das Pulverfass Nahost und seine zunehmend aus den Fugen geratenden Kriegszonen werden nach den Sipri-Erhebungen zu 53 Prozent mit Waffen aus den USA versorgt. Als wichtigster US-Kunde überhaupt hat Saudi-Arabien die Rüstungsimporte mehr als verdreifacht (plus 212 Prozent) und setzt die dabei erworbenen Systeme beim Krieg in Jemen ein. Die USA verkauften zwischen 2012 und 2016 21 Prozent mehr Waffen beziehungsweise Waffensysteme und konnten ihren Weltmarktanteil in den Jahren vor dem Antritt von Präsident Donald Trump von 30 auf 33 Prozent steigern.
Russland hat den zweiten Platz mit 23 Prozent gegenüber 6,2 Prozent für China gehalten, das den Abstand zu den beiden dominierenden Waffenlieferanten immer zügiger vermindert.
Den auffallend gegenläufigen Trend in Europa mit dem Rückgang der Rüstungsimporte um 36 Prozent erklären die Stockholmer Friedensforscher als „ökonomische Zwänge“ im Gefolge der Finanzkrise. Ungeachtet von Reaktionen auf die Forderung der US-Administration nach Erhöhung der Militärhaushalte bei Nato-Partnern halten sie für sicher, dass die europäische Ausgaben für Rüstung im nächsten Fünfjahres-Abschnitt steigen. Dafür würden allein schon die in mehreren Ländern bestellten F-35-Kampfflugzeuge sorgen. Lieferant sind die USA.
Ebenfalls als „eher untypisch“ stufte der Sipri-Forscher Pieter Wezeman (Bruder von Siemon) den Rückgang der deutschen Rüstungsausfuhren zwischen 2012 und 2016 um 36 Prozent ein: „Man muss sehen, dass 2016 die höchsten Zahlen brachte und auf demselben Niveau wie 2006 ein eher typisches Jahr gewesen ist.“ Deutschland ist weltweit fünftgrößter und in Europa zweitgrößter europäischer Rüstungsexporteur hinter Frankreich.
Für das Klingeln in heimischen Kassen haben vor allem neue U-Boote an Israel, Griechenland, Südkorea, Ägypten und Italien gesorgt. Im Dezember hat Algerien auf der Kieler Thyssen-Krupp-Werft eine neue Fregatte für 2,1 Milliarden Euro übernommen.
Die Balten halten sich zurück
Sipri veröffentlicht vorzugsweise Daten im Fünfjahres-Rhythmus über den Rüstungshandel nach Ländern, um langfristig gesicherte Trends gegenüber kurzzeitigen Ausschlägen hervorzuheben. So hätten die Sorgen von Nachbarn Russlands zwar neue Importe von Waffen und Waffentechnik befördert. Immer noch seien aber die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen mit ihren Ausgaben 2012-2016 unter denen der voraufgegangenen fünf Jahre geblieben.
Polen hat die Waffenimporte im selben Zeitraum sogar um 50 Prozent gesenkt. 2016 allerdings habe Warschau mit dem Kauf von 68 Luft-Boden-Marschflugkörpern AGM-158A ein anderes Zeichen gesetzt. Sie werden vom US-Konzern Lockheed-Martin produziert.
Sipri beschränkt sich in seinen Statistiken zum Rüstungshandel zwischen Staaten auf relative Zahlen, um Verzerrungen durch nicht vergleichbare absolute Zahlen zu vermeiden. Als Beispiele dafür nennt das Institut neben Währungsproblemen auch als „Geschenke“ verschleierte Waffengeschäfte zwischen Regierungen.