Schweden rüstet gegen Russland auf
Diplomatie Schweden rüstet gegen Russland
Von Thomas Borchert
Rüstet euch für den Kriegsfall“, schrieb Schwedens Zivilschutzbehörde MSB kurz vor Weihnachten an alle Gemeinden. Man möge für mehr Schutzräume sorgen und auf keinen Fall Einsatzzentralen in Berghöhlen oder Ähnliches stilllegen. Eine neue Sicherheitsstrategie wegen der Angst vor russischem Hegemoniestreben im Ostseeraum hat Ministerpräsident Stefan Löfven am Wochenende angekündigt: „Schweden verstärkt jetzt sein Militär nach vielen Jahren in die andere Richtung.“
Löfven beruhigte die zehn Millionen Bürger seines seit über 200 Jahren von Krieg verschonten Landes, ein direkter militärischer Angriff sei „weiter unwahrscheinlich“. Aber das gelte nicht für Cyberattacken auf die Infrastruktur und auf gezielte Destabilisierung durch Desinformation aus Russland, wie sie US-Behörden bei der Präsidentschaftswahl ermittelt hätten: „Auch Schweden kann Ziel solcher Einflussnahme sein.“ Die russische Politik bewegt sich für Löfven zunehmend in eine „autoritäre und repressive Richtung“.
Destabilisierung aus dieser Richtung sei in Schweden längst im Gang, teilte das Außenpolitische Institut in Stockholm in der letzten Woche mit: So habe sich Moskau mit der Verbreitung von Falschinformationen massiv beim heimischen Streit über das Gastlandabkommen mit der Nato eingemischt. Es wurde vom Reichstag trotzdem im Mai ratifiziert und ermöglicht der West-Allianz, in Schweden auf Einladung zu üben sowie das Land im Krisenfall für Transporte zu nutzen.
Lange schon gelten die Skandinavier als diskretes Ehrenmitglied im westlichen Militärbündnis. Die bürgerliche Opposition bekommt bei Umfragen inzwischen eine Mehrheit für ihre Forderung nach dem Beitritt, den der Sozialdemokrat Löfven und sein grüner Koalitionspartner ablehnen. Das wenig begeisterte Verhältnis des baldigen US-Präsidenten Donald Trump zu Nato-Sicherheitsgarantien und seine Begeisterung für Wladimir Putin haben den Nato-Streit in Stockholm nicht leichter gemacht.
Militär auf Gotland
Dem Ruf nach mehr Geld für das Militär will sich Schwedens Regierung nicht mehr verschließen. 2013 höhnte der damalige Oberbefehlshaber Sverker Göranson, mit dem von über drei auf 1,1 Prozent vom BNP reduzierten Militärhaushalt könne man „ungefähr eine Woche standhalten“. Drei Jahre später reagierte die Regierung auf Berichte über russische Manöver für einen hypothetischen Angriff auf Gotland mit der Entsendung einer Einheit auf Schwedens größte Ostseeinsel. Die Lokalverwaltung dort musste eine Vereinbarung mit einer Tochter des russischen Gazprom-Konzerns für die an der Insel vorbeigeführte neue Gasleitung Nord Stream 2 wieder absagen.
Die seit 2009 „für Friedenszeiten ruhende“ Wehrpflicht wird 2018 wieder aktiviert. Dass Schwedens Gesellschaft für alle möglichen Formen von Kriegführung mobilisiert wird, ist für den Sprecher des Zivilschutzes MSB nichts Neues: „Wir haben das auch im Kalten Krieg schon so gemacht“, meinte Magnus Dyberg-Ek.