Jeder Mensch zahlt 230 Dollar für Rüstung
Das Friedensforschungsinstitut legt einen Bericht über weltweite Militärausgaben vor. China hat den Etat deutlich erhöht.

Die Welt rüstet weiter auf. Nach den neuen Erhebungen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri gaben alle Staaten zusammen im Jahr 2017 den Rekordbetrag von 1,74 Billionen Dollar für militärische Zwecke aus – und damit 1,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Die schwer fassbare Summe entspricht einem Betrag von 230 Dollar pro Person auf der Welt und 2,2 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes.
Während Washington das Ausgabenniveau gegenüber 2016 unverändert beibehielt, verringerte das seit Jahren stetig aufrüstende China mit einem Plus von 5,6 Prozent erneut den Abstand zur noch führenden Militärmacht: Peking zweigte im vergangenen Jahr 228 Milliarden Dollar für das Militär ab, mehr als doppelt so viel wie 2008. Die USA haben trotzdem immer noch fast dreimal so hohe Rüstungsausgaben (610 Milliarden Dollar), obwohl sich diese in den vergangenen zehn Jahren unter dem Strich um 14 Prozent verminderten.
Die auffälligste Abweichung vom generellen Anstieg der Militärausgaben in den Sipri-Listen lieferte Russland mit einem Minus von 20 Prozent auf 66,3 Milliarden Dollar. „Sie haben wegen der gesunkenen Einnahmen aus Öl und Gas die Rechnung für ihre ehrgeizigen Wiederbewaffnungspläne nicht zahlen können“, kommentierte Sipri-Forscher Pieter Wezeman.
Rumänien wiederum, früher Verbündeter Moskaus und jetzt Nato-Land, verzeichnete mit einem Plus von 50 Prozent (auf vier Milliarden Dollar) die weltweit höchste Steigerungsrate. Litauen und Lettland legten um jeweils 21 Prozent zu, die Länder in Zentraleuropa insgesamt um zwölf Prozent. Polen stand dabei mit 42 Prozent für fast die Hälfte aller Militärausgaben in der Region. Wezeman sagte dazu: „Der politische Druck zur Bereitstellung von immer noch mehr Geld für das Militär wegen der angenommenen Bedrohung durch Russland hat sogar Länder wie (das allianzfreie) Schweden erreicht.“
2017 gab Europa insgesamt 2,2 Prozent weniger für das Militär aus als im Vorjahr. Deutschland verringerte mit einem Plus von 3,5 Prozent auf 44,3 Milliarden Dollar erneut den Abstand zu Großbritannien (47,2 Milliarden Dollar) und Frankreich (57,8 Milliarden Dollar) als bisher führende Militärmächte auf dem Kontinent. Wezeman verwies auf die generelle Sparpolitik von Präsident Emmanuel Macron sowie die britische Ausgabenquote von schon jetzt über den von der Nato geforderten zwei Prozent.
Zu der deutschen Debatte über weiter steigende Bewilligungen für die Bundeswehr bei derzeit 1,2 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt sagte der Sipri-Experte: „Ich glaube nicht, dass Deutschland die Zwei-Prozent-Marke erreichen wird. Das Land wäre damit die viertgrößte Militärmacht der Welt. Viele Deutsche stellen den Sinn davon jetzt umso mehr infrage, da die russischen Ausgabensteigerungen gestoppt sind.“ Wegen der knappen Moskauer Kassen ist die einstige Weltmacht Nummer zwei bei den Militärausgaben sogar auf den vierten Platz hinter den USA, China sowie erstmals auch Saudi-Arabien zurückgefallen. Russland liegt nur noch knapp vor Indien, das den Militärhaushalt um 5,5 Prozent auf 63,9 Milliarden Dollar anhob.
Die Saudis als klar ausgabenstärkste Militärmacht in Nahost legten um 9,2 Prozent auf 69,4 Milliarden Dollar zu, nachdem sie im Vorjahr wegen der niedrigen Ölpreise kurzzeitig auf die Bremse getreten waren. Der mit Saudi-Arabien um regionale Dominanz konkurrierende Iran hat nach den Sipri-Erhebungen die schrittweise Aufhebung von EU- und UN-Sanktionen ab 2014 auch militärisch genutzt: Seitdem sind die vorher stetig gefallenen Rüstungsausgaben wieder um 37 Prozent auf 14,5 Milliarden Dollar gestiegen. Israel legte von 2016 auf 2017 um 4,9 Prozent auf 16,5 Milliarden Dollar zu.