Metoo

Wenn auf eine Medienkampagne ein Selbstmord folgt

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deutsche Version meiner Kolumne vom 15.8.2020:
von Thomas Borchert (in Jyllands-Posten 15.8.2020)
Die Sopranistin Anne Sofie von Otter tritt diese Woche in Tivolis Glassaal mit den Danske Strygekvartet auf. Ein Leckerbissen für alle Opernfreunde. Als die Schwedin vor zweieinhalb Jahren in Sydney sang, nahm sich ihr mitgereister Ehemann Benny Fredriksson im Hotelzimmer das Leben. Anne Sofie von Otter hat die Zeitung Aftonbladet und deren damalige Kulturchefin Åsa Linderborg angeklagt, ihren Mann mit Artikeln über seine Chefrolle am Stockholmer Stadsteater in den Selbstmord getrieben zu haben.

Als ich die Reklame für von Otters Auftritt in Kopenhagen erblickte, war ich mitten in der Lektüre von Linderborgs gerade erschienenem „Året med 13 måneder“ (Das Jahr mit 13 Monaten), ihrem Tagebuch über die Monate vor und nach Fredrikssons Selbstmord, für den halb Schweden sie persönlich verantwortlich macht. „Zum einen wollte ich dieses unglaublich dramatische Jahr mit meinem eigenem Temperament so einfangen, wie ich es gesehen habe.. Zugleich meine ich, dass ich als mit meiner Arbeit eine interessante Gestalt aus dieser Periode bin,“ begründet sie die Buchveröffentlichung. Selten habe ich zwei so abstoßende und zugleich faszinierende Sätze auf der Jagd nach öffentlicher Aufmerksamkeit gelesen. Bei mir funktioniert so was, ich hab mir das Buch aus Stockholm schicken lassen und voller Neugier schnell gelesen. Read the rest of this entry »

Når medieliv og den virkelige død støder sammen

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Skrev jeg virkelig det?

Den svenske kommentator Åsa Linderborgs dagbog er en både frastødende og fascinerede historie om medieliv og virkelig død. Hendes artikler om teaterchefen Benny Fredriksson drev ham til selvmord, mener enken og det halve Sverige.
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Tegning: Rasmus Sand Høyer

 

Sopranisten Anne Sofie von Otter optræder i denne uge sammen med Den Danske Strygekvartet i Glassalen i Tivoli. En lækkerbisken for alle operavenner. Da hun for to og et halvt år siden sang i Sydney, tog hendes ledsagende ægtefælle Benny Fredriksson sit eget liv på hotelværelset. Anne Sofie von Otter har anklaget avisen Aftonbladet og dens daværende kulturchef Åsa Linderborg for at have drevet hendes mand til selvmord med artikler om hans chefrolle ved Stockholms Stadsteater.

Da jeg spottede reklamen for von Otters optræden i København, var jeg midt i læsningen af Linderborgs netop på svensk udkomne ”Året med 13 månader”, hendes dagbog over tiden før og efter Fredrikssons selvmord, som det halve af Sverige gør hende ansvarlig for. »Dels ville jag fånga det här otroligt dramatiska året genom mitt temperament, så som jag såg det. Jag tycker samtidigt att jag som yrkesperson är en intressant gestalt under den här perioden,« begrunder hun bogudgivelsen. Read the rest of this entry »

In Jyllands-Posten: Erinnerung an die viel zu früh gestorbene Sara Danius

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27.10.2019

(Deutsche Version)

Sara Danius traf mächtige Männer im Solar Plexus

 

Von Thomas Borchert

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Zuletzt hat mich mehr als anderes die Mitteilung vom Tod der Schwedin Sara Danius  ins Herz getroffen. Dabei gab es reichlich Anlass in ganz anderen Dimensionen: Auf der Weltbühne der Verrat unseres Westens mit all seinen wunderbaren „Werten“ an den Kurden in Syrien, die nun zu Hunderttausenden flüchten müssen. Hier in Kopenhagen die jämmerliche Reaktion der Regierung darauf: Weil ein paar nun vielleicht nicht mehr in kurdisch-syrischen Lagern gefangene IS-Kämpfer mit dänischem Pass eventuell zurückkommen könnten, werden für deren Ausbürgerung alle Rechtsstaatsprinzipien mal eben im Eilverfahren in die Tonne getreten. In Stockholm vergab die Schwedische Akademie den Literaturnobelpreis an Peter Handke, der serbische Kriegsverbrecher, verantwortlich für Massenmord und ethnische Vertreibung im Balkankrieg, auf groteske Weise in Schutz genommen hat. Read the rest of this entry »

Haft für “fahrlässige Vergewaltigung”: Schwedens Gerichte machen Ernst

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Eine #MeToo-Demonstration in Stockholm.

Urteil in Schweden

Erstes Urteil in Schweden nach Gesetzesänderung: Nichts tun heißt nicht Ja

  • vonThomas Borchert

In Schweden spricht das Oberste Gericht erstmals ein Urteil auf Grundlage des umstrittenen Einwilligungsgesetzes zur Zustimmung beim Sex – das dürfte wegweisend sein.

Vor einem Jahr führte Schweden ein umstrittenes Gesetz ein, das eine klare Zustimmung zu sexuellen Handlungen vorschreibt. Nun hat der Oberste Gerichtshof in Stockholm einen Mann wegen „fahrlässiger Vergewaltigung“ zu Haft ohne Bewährung verurteilt. In der Urteilsbegründung hieß es, er sei angesichts der stillen Passivität seiner Partnerin „grob fahrlässig“ das Risiko eingegangen, dass sie an den sexuellen Aktivitäten bei der gemeinsamen Nacht im Bett nicht freiwillig teilnahm.

Nach dem weltweit bisher einzigartigen Verbot von Sex ohne aktive Einwilligung ist in Schweden jetzt die Beweislast im Streitfall weitgehend vom potenziellen Opfer auf den potenziellen Täter übergegangen.

Bei diesem ersten Fall vor der dritten und letzten Instanz kamen zu dem Strafmaß von acht Monaten zwei weitere sexuelle Vergehen des Mannes hinzu. Er kommt nun zwei Jahre und drei Monate hinter Gitter. Das Oberste Gericht verkürzte dabei am Donnerstag die Gefängnisstrafe aus den beiden unteren Instanzen um ein Jahr, weil es nicht mehr von einer bewusst herbeigeführten Vergewaltigung ausging.

Mann kann Einverständnis nicht nachweisen

Zwar lief das Verfahren vor dem Obersten Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit, aber die Vorgeschichte und auch Details aus der gemeinsamen Nacht sind auf der Homepage des Gerichts im Urteilstext frei zugänglich. Danach hatten der Mann und die Frau im nordschwedischen Bezirk Västerbotten nur über soziale Medien längere Zeit Kontakt miteinander, bis die Frau mit „Ja“ auf seine Frage nach einer gemeinsamen Nacht antwortete. Sie schloss dabei aber Sex ausdrücklich aus und bekam ein „Ok“ zurück.

Als der Mann nach langer Autofahrt gegen ein Uhr in der Nacht ankam, legte er sich zu der schon ins Bett gegangenen Frau. Über die von ihm gestarteten sexuellen Berührungen gehen die Schilderungen beider dann auseinander. Der Mann erklärte, sowohl das ganze „Set-up“ wie auch die wortlose Passivität der Frau seien für ihn Ausdruck davon gewesen, dass sie ihre Meinung zu gemeinsamem Sex geändert hatte.

Vor dem Sex: Er hätte fragen müssen

Die Frau dagegen erklärte, sie sei durch die Aktivitäten des Mannes „vor Schreck erstarrt“ und habe sich deshalb nicht wehren können. Der Mann will erst spät begriffen haben, dass die Frau wohl doch nicht wollte. Er habe dann sofort von ihr abgelassen und sich anschließend entschuldigt. Sie rief sofort danach eine Freundin an und schilderte ihr das Erlebnis als sexuellen Missbrauch. Den Mann ließ sie wegen der enorm weiten Entfernung zu seinem Wohnort in ihrer Wohnung übernachten.

Das Gericht stellte sich hinter die Darstellung der Frau als „durchweg glaubwürdig“ und schrieb im Kommentar zum Urteil: „Die Tatsache, dass die Klägerin und der Täter sich einig waren, im selben Bett zu liegen und dass sie nur noch mit Unterwäsche bekleidet waren, bedeutet nicht, dass die Klägerin freiwillig an sexuellen Handlungen teilgenommen hat.“ Im Klartext heißt das: Er hätte sie mindestens noch einmal fragen müssen.

Das höchstinstanzliche Urteil wurde in Schweden mit Spannung als richtungweisend für die künftige Rechtsprechung erwartet. Die bisherigen Vergewaltigungsverfahren seit Inkrafttreten der Neuregelung haben fast zu zwei Dritteln zu Schuldsprüchen geführt. Dabei gab es nach einer Erhebung der Nachrichtenagentur Siren nur in Ausnahmefällen (elf Prozent) ein Urteil wegen „fahrlässiger Vergewaltigung“.

Die Kriminalisierung von Sex ohne Einwilligung ist Folge der #MeToo-Bewegung mit Protesten schwedischer Frauen gegen sexuelle Gewalt; der Widerstand war so massiv wie nirgends sonst in Europa. Als der Stockholmer Reichstag das Gesetz verabschiedet hatte, führten die Schlagzeilen international auch zu Hohn und Spott: Nun müsse man/frau bei den superfeministischen Skandinaviern also erst eine schriftliche Einverständniserklärung ausarbeiten und unterzeichnen.

Auch heimische Juristen kritisierten die mutmaßlich kniffelige Klärung der Frage, was genau unter aktiv erklärtem Einverständnis zu verstehen sei. Auch war die Umkehrung der Beweislast vom Ankläger auf den Angeklagten umstritten. Anne Ramberg, Generalsekretärin von Schwedens Anwaltskammer, gehörte zu den Kritikerinnen des Gesetzes, sie hat sich aber jetzt im Rundfunk uneingeschränkt positiv zum ersten höchstrichterlichen Urteil geäußert: „Es verdeutlicht die Anforderungen an Freiwilligkeit mit recht strengem Blick. Ich glaube schon, dass dieser Weg zu mehr Schuldsprüchen in solchen Verfahren führen wird.“

Die Gesetzeslage in Schweden

Als erstes Land der Welt stellte Schweden 1999 jeden Kauf sexueller Dienste unter Strafe. Kunden von Prostituierten müssen mit Bußgeld oder Haft bis zu sechs Monaten rechnen.

2018 verbot der Reichstag mit einer als „Einverständnisgesetz“ bezeichneten Neuregelung Sex ohne Einwilligung von Partnern. Als Ausdruck von Freiwilligkeit wird dabei definiert, dass diese „durch Worte, Handlung oder auf andere Weise zum Ausdruck gekommen ist“.

Kann dies nicht nachgewiesen werden, liegt im Prinzip Vergewaltigung vor, die mit zwei bis sechs Jahren Haft bestraft wird. Mit maximal vier Jahren geringer ist das Strafmaß für das neu definierte Delikt „fahrlässige Vergewaltigung“, bei dem der Täter oder die Täterin nicht bewusst gegen den Willen einer/eines anderen sexuell aktiv geworden ist.

Schwedendemokraten schützen übergriffigen Spitzenkandidaten und feuern seine Anklägerin

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Peter Lundgren, Spitzenkandidat der Schwedendemokraten.

Schweden

Skandal in Schweden: Rechter wird für Grapschen nicht bestraft

  • vonThomas Borchert

Die Partei der „Schwedendemokraten“ verharmlost den Busengrapscher-Skandal um ihren Spitzenkandidaten.

Kurz vor der Europawahl hat ein Busengrapscher-Skandal den Sturmlauf der rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD) mit ihrem Spitzenkandidat Peter Lundgren ins Stottern gebracht. Die Partei mit braunen Wurzeln, die in der jüngsten Umfrage mit 19,9 Prozent nur noch hauchdünn hinter den Sozialdemokraten als Schwedens stärkster Partei liegt, macht jetzt beim Krisenmanagement kurzen Prozess.

Statt Lundgren, der den Übergriff zugibt, hat sie die Frau abgestraft, die den Vorfall öffentlich machte, der auf einem Parteifest passiert war. Kristina Winberg, Lundgrens Kollegin im Europaparlament und als Nummer vier auf der SD-Kandidatenliste mit Chancen auf die Wiederwahl, wurde von der Liste gestrichen und aus der Partei ausgeschlossen.

Lundgren bekannte sich zur Brust-Befummelung einer Parteikollegin

Das habe nicht das Geringste mit der sexuellen Belästigung vor einem Jahr zu tun, hieß es in der Presseerklärung. Vielmehr habe sich Winberg „wiederholt parteischädigend“ und „rücksichtslos“ aufgeführt. Lundgren bekannte sich zur Brust-Befummelung seiner Parteikollegin Sara-Lena Bjälkö und führte sie auf allseits reichlichen Alkoholkonsum zurück. „Sie hat auch ihre Hände unten gelassen,“ nannte er einen aus seiner Sicht mildernden Umstand in der Zeitung „Expressen“.

Winberg war Augenzeugin und hatte eine Aussage Bjälkös auf ihrem Handy. Sie sprach von „Panik“ und beklagte sich, dass niemand ihr geholfen hatte. Im Abstand von einem Jahr allerdings will die SD-Politikerin davon nichts mehr wissen. Sie ließ sich diese Woche beim Gespräch mit Lundgren für die Facebook-Seite der gemeinsamen Partei filmen: „Peter und ich haben immer eine gute Beziehung gehabt und sind weiter eng befreundet.“

Bei den letzten Europawahlen hatten die SD mit 9,7 Prozent zwei Mandate erobert. Die Platzierung Winbergs auf dem vierten Platz der Kandidatenliste galt als Abservierung der in der Parteispitze unbeliebten Politikerin.

Stimmenverluste für die SD werden sich in Grenzen halten

Die Aufnahme von Ermittlungen gegen Lundgren sei durchaus möglich, zitierten Medien die Staatsanwaltschaft. In keinem anderen europäischen Land hat die #MeToo-Bewegung so viel Erfolg gehabt wie in Schweden. Allerdings werden sich wohl die Stimmenverluste für die SD bei den Wahlen wegen dieses Skandals in Grenzen halten.

Im Endspurt des Wahlkampfes zeigt die Partei, was sie unter „politischen Inhalten“ versteht. In Stockholmer Metrostationen wirbt sie mit Plakaten gegen die Sozialdemokraten von Ministerpräsident Stefan Löfven: „Dies ist nicht das erste Mal, dass die Sozis Deutschland bei der Übernahme Europas helfen.“ Die linke Seite der Plakate ziert die schwarzweißrote „Reichskriegsflagge“ der Nazis.

Dansk rekord i Sverige-bashing

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Screenshot 2018-09-30 09.39.12Et ultrakort læserbrev i Politiken, 30.9.2018:

Sverige-bashing

Thomas Borchert, København:

Man følger med beundring de stadig nye rekorder i mediesporten Sverige-bashing. Kronikøren Marianne Stridsen konkluderer (25.9.), at en ’Robbespierre med knytblusa’ i skikkelse af Svenska Akademiets afgåede sekretær Sara Danius har ’taget magten’ ved at hænge uskyldige mennesker ud ’for de frygteligste ting’. Ingen af dem skulle foreløbig være ’blevet retslig dømt for noget som helst’.

I samme udgave af avisen fortælles, at nøglefiguren i #MeToo-konflikten omkring Akademiet er fængslet frem til domsafsigelsen. Hans forsvarer forventer en fældende dom for voldtægt. Kedelige fakta.

Så er det mere underholdende at læse om Danius som ’puritansk surmulende’, den ’gale kvinde’. Tillykke, Politiken, som vært for ny rekord i Sverige-bashing.

Grass machte noch einen ganz tiefen Diener vor dem Nobelpreis

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MeToo-Aktivistin Elin Ahldén
Frack
Nobelreporter Thomas Borchert im Dienstfrack

Tschüs, ihr alten Gockel:

Die #MeToo-Frauen haben die Nobelpreis-Akademie gesprengt

, etwa 6 Min. Lesedauer

„Die MeToo-Frauen haben die Schwedische Akademie gesprengt“, sagt Elin Ahldén. Sie ist in Stockholm am Telefon und klingt putzmunter. Vor einem halben Jahr hat sie mir den sagenhaft breiten Aufstand in ihrem Landgegen Sexismus vor allem am Arbeitsplatz, vom Bau bis zur Bühne, erklärt. Elin gehört zu den Initiatorinnen.

Jetzt also macht sie ihre selbstbewusste Ansage zu einer Absage, die um die Welt gegangen ist: Ein paar Tage vor meinem Anruf hatten die Juroren der Schwedischen Akademie erklärt, 2018 werde kein Literaturnobelpreis vergeben – die Verleihung soll aber ein Jahr später nachgeholt werden. Wegen „verminderten Vertrauens“ in eine „geschwächte Akademie“, formulierte die Jury, aus der schon acht von 18 Mitgliedern das Weite gesucht haben. Über MeToo verloren die noch aktiven acht Männer und zwei Frauen kein einziges Wort. „Wir Jungs reden doch über sowas nicht“, sagte ihr Wortführer.

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Die Schwedische Akademie zerlegt sich selbst

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Ein ausgekungeltes Frauenopfer

Das Komitee für den Literaturnobelpreis zerlegt sich endgültig, indem ausgerechnet zwei Frauen gehen müssen.

14. April 2018

Von Thomas Borchert

The Swedish Academy's Permanent Secretary Sara Danius talks to the media as she leaves after a  meeting at the Swedish Academy in Stockholm
Sara Danius tritt am 12. April zurück. Foto: TT NEWS AGENCY (X02350)

Die Vergabe des Literaturnobelpreises könnte nicht nur in diesem Jahr ausfallen. Sechs Monate nach Anschuldigungen von 18 Frauen über sexuellen Missbrauch und Gewalt im eigenen Umfeld droht der Jury das Aus. Es wäre ein Ende mit Schrecken.

Nachdem Sara Danius, bis Donnerstagabend „Ständige Sekretärin“ der Schwedischen Akademie, ihren erzwungenen Rücktritt verkündet hat und die Lyrikerin Katarina Frostenson ebenfalls nicht ganz freiwillig die Mitarbeit einstellt, ist das Gremium mit nur noch elf aktiven von nominell 18 Mitgliedern laut den Statuten gesprengt. Sie darf jetzt keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen. Noch viel schwerer für die Zukunft der Akademie dürften die postwendend eingesetzten Proteste einer empörten Öffentlichkeit wiegen. Read the rest of this entry »

Nach MeToo: Die Jury für den Literaturnobelpreis zerlegt sich selbst

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Nobelpreis:Screenshot 2018-03-29 08.51.35.png Selbst verschuldete Rufschädigung

VorwürfScreenshot 2018-03-29 08.51.35.pnge sexuellen Missbrauchs sowie der Weitergabe geheimer Informationen beschäftigen das Literaturnobelpreis-Komitee.

10. April 2018

 

Katarina Frostenson
Katarina Frostenson. Foto: afp

Die Debatte, die die MeToo-Bewegung auf den Weg gebracht hat, spaltet die Jury zur Vergabe des Literaturnobelpreises. Die beiden Lager stehen sich dermaßen unversöhnlich gegenüber, dass das Fundament der Stockholmer Jury wankt. Nach der Kampfabstimmung in der „Schwedischen Akademie“ mit 8:6-Stimmen gegen den Ausschluss eines Mitglieds im Gefolge von MeToo-Enthüllungen und anderen Vorwürfen sind Ende letzter Woche schon drei Juroren aus Protest zurückgetreten. Zwei weitere aus der überstimmten Minderheit, darunter als Frau an der Spitze die hoch angesehene Sara Darius, überlegen noch. Sollten beide abtreten, ist die Akademie mit nur elf Mitgliedern nicht mehr beschlussfähig. Sie kann nach den 232 Jahre alten Statuten keine neuen aufnehmen. Auch ohne diesen möglichen, aber nicht zwangsläufigen Gau, bleibt auf jeden Fall eine selbst verschuldete Rufschädigung für den berühmtesten Literaturpreis der Welt zurück.  Read the rest of this entry »

#Metoo fegt durch Norwegens Politik: In allen Parteien scheitern die Vertuscher

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Hinhalten und vertuschen

Viele Sexismus-Vorwürfe sind älter als #MeToo, doch Norwegens Regierende schweigen bis heute.

25. Januar 2018

Hashtag #MeToo
Die #MeToo-Welle spült auch in Norwegen alte Geschichten hoch. Foto: dpa
Drei Frauen führen Norwegens Regierung – und alle drei hat eine Welle von #MeToo-Vorwürfen zu Bußgängen vor laufenden Kameras mit ernster Miene gezwungen: Ministerpräsidentin Erna Solberg bedauert nun zutiefst, dass sie auf Klagen bis hin zu Vergewaltigungsvorwürfen gegen den Chef der Jugendorganisation ihrer konservativen Partei lange nicht reagiert hat.

Ihre Finanzministerin Siv Jensen von der rechtspopulistischen Fortschrittspartei wiederum kann sich so ganz und gar nicht an mehrere persönlich bei ihr vorgebrachte Klagen gegen ihren Fraktionsvizechef erinnern. Ulf Leirstein, auch noch rechtspolitischer Sprecher der Partei, hatte für einen geplanten Dreier mit einer Parteikollegin per SMS auch einen 15-Jährigen aus der Jugendorganisation vorgesehen. Noch jüngere Parteimitglieder versorgte er mit hartem Pornomaterial per Mail. Seiner Parteichefin tut es jetzt, knapp sechs Jahre später, sehr leid, dass sie und die Partei nicht entsprechend ihren „hohen ethischen Maßstäben“ rechtzeitig gehandelt hätten. Read the rest of this entry »