Dänemark als Klimaretter
Ministerpräsidentin Frederiksen will CO2-Emissionen in elf Jahren um 70 Prozent verringern
Mit sehr ehrgeizigen Zielen in der Klimapolitik hat Dänemarks neue sozialdemokratische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen die Regierungsmacht übernommen. Drei Wochen nach dem klaren Wahlsieg des Mitte-links-Lagers über die bisher regierende Rechte präsentierte sie am Mittwoch eine „politische Verständigung“ mit drei kleineren Parteien. Sie ist deutlich von den massiven Klimaaktionen junger Menschen in Kopenhagen und anderen dänischen Städten geprägt, die alle anderen Themen im Wahlkampf zur Überraschung der Politiker in den Schatten gestellt haben. Jetzt verpflichtet sich Frederiksens Minderheitsregierung zur Reduzierung der heimischen CO2-Emissionen um 70 Prozent bis zum Jahr 2030.
„Dänemark muss die eigenen Ziele für Klima, Umwelt und Natur markant anheben,“ heißt es in der Arbeitsgrundlage über die „absolut wichtigste Aufgabe, vor der die Welt steht“. Frederiksen sagte während der Verhandlungen: „Es ist klar, dass wir unsere ganze Lebensweise durchgreifend ändern müssen.“ Die Sozialdemokraten gehen als neue Regierungspartei deutlich über ihre im Wahlkampf propagierten Ziele hinaus. Bisher sind allerdings weder die konkreten Schritte festgelegt noch die Lastenverteilung bei den gigantischen Kosten. Nicht zuletzt auf die hoch intensive industrielle Landwirtschaft Dänemarks kämen tiefgreifende Veränderungen zu, sollte die Regierung ernst machen.
Frederiksens rein sozialdemokratische Minderheitsregierung kann sich im neuen Kopenhagener „Folketing“ auf die Stimmen der linken Einheitsliste, der Volkssozialisten und der linksliberalen „Radikale Venstre“ stützen. Unter Einschluss auch der grünen „Alternative“ verfügt das Mitte-links-Lager mit 98 der 179 Parlamentssitze über eine so klare Mehrheit wie in Dänemark seit Menschengedenken nicht.
Vorher konnte das bürgerliche Lager das Land fast zwei Jahrzehnte unter maßgeblicher Beteiligung der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei (DF) regieren und Wahlen mit Versprechen für eine immer härtere Ausländerpolitik gewinnen.
Aus dem früher vor allem als Windkraft-Vorreiter international beachteten Land wurde so ein Sehnsuchtsort für die Rechtspopulisten Europas. Sie konnten hier genau beobachten, wie die DF als Mehrheitsbeschafferin salonfähig gemacht wurde und ihre „zuwanderungskritischen“ Vorstellungen nach und nach auch in den traditionell führenden Parteien bis hin zu den Sozialdemokraten als allseits akzeptiert verankern konnte. Bei der Wahl am 5. Juni aber ist diese Partei von 21 auf acht Prozent in die Bedeutungslosigkeit abgestürzt. Es rächte sich, dass sie die Klima-demos als „Hysterie“ abtat und die jungen Demonstranten als „Klimatrottel“ verhöhnte.
Damit entfiel für die Sozialdemokratin Frederiksen die Grundlage ihrer Wahlkampfstrategie in Sachen Zuwanderung. Sie hatte ihre eigene Partei voll und ganz auf die harte Linie der Rechtspopulisten eingeschworen und wollte mit der Partei in diesem Bereich eng zusammenarbeiten.
Bei der Vorstellung der Regierungsgrundlage erklärte Frederiksen, sie werde die bisherige dänische Ausländerpolitik „auf breiter Basis“ und mit „gesundem Menschenverstand“ fortführen. Gleichwohl kam sie den drei kleineren Partnern ihrer Partei bei so gut wie allen Forderungen entgegen, die rigide Ausländerpolitik zu lockern.
Dabei geht es vor allem um Vorhaben der Vorgängerregierung mit besonderer Symbolkraft wegen ihrer bewusst öffentlich propagierten Brutalität. So werden die Pläne zur Internierung abgewiesener und kriminell gewordener Asylbewerber auf einer verlassenen Insel, vorher Station für Tierseuchen, eingestampft. Die neue Regierung will künftig auch von den UN ausgewählte „Quotenflüchtlinge“ mit besonders starkem Schutzbedarf wieder aufnehmen. Das hatte Dänemark über Jahre hinweg verweigert.