Waldbrände kurz vor Wahlen: Klima wieder ein wichtiges Thema?

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Brände: Versagen in Schweden

Im laufenden Wahlkampf kommt der sozialdemokratische Ministerpräsident Stefan Löfven unter Druck. Seine Law&Order-Kampagne verfängt nicht.

Waldbrände in Schweden
Kampf gegen die Feuer in Ljusdal, Schweden. Foto: dpa

Die Nachricht über Dutzende Tote bei Waldbränden in Griechenland hat den Schweden ihre eigenen Feuer unheimlicher gemacht. Sie schlug wie aus dem Nichts genau in dem Moment ein, als die gerade herbeigeeilten Feuerwehrleute aus dem niedersächsischen Nienburg auf die Stockholmer Titelseiten gelangt waren.

Ein Konvoi polnischer Feuerwehren sei bei der Anreise am Straßenrand „wie eine Befreiungsarmee“ bejubelt worden, schrieb „Dagens Nyheter“ und lobte die bisher größte EU-Aktion gegen Waldbrände mit neun Ländern als leuchtendes Vorbild. Bis es am Dienstag plötzlich hieß: Athen bittet Brüssel flehentlich um schnelle Hilfe. Jedem musste sofort einleuchten, dass die vielfach gebeutelten Griechen sie mit Sicherheit wohl noch dringender benötigen als die reichen Skandinavier.

Warnung vor neuen Bränden

Das war noch eine Verunsicherung zusätzlich zu den frischen Warnungen der heimischen Behörden vor „extrem hoher Gefahr“ für neue Brände bei Temperaturen hier im Norden von deutlich über 33 Grad und seit Monaten anhaltender Trockenheit am Ende des heißesten Juli seit 260 Jahren. Klimaministerin Isabella Lövin von der Umweltpartei sagt ohne Wenn und Aber: „Wir erleben gerade, was ein Grad mehr für das Klima bedeuten kann.“ Die Aussicht auf fünf, sechs Grad mehr bis zum Ende des Jahrhunderts ohne entschlossenen Abschied von fossilen Energiequellen sei „keine verschwommene Vision für irgendwelche Eisbären“ mehr.

Der sozialdemokratische Regierungschef Stefan Löfven drückt sich vorsichtiger aus: „Klimafolgen sind nicht auszuschließen.“ Gut sechs Wochen vor der Reichstagswahl wollte er eigentlich mit dem Law&Order-Slogan „Für eine stärkere Gesellschaft“ über Land tingeln und mehr Polizei, härteren Strafen für alles Mögliche und vor allem eine „feste“ Zuwanderungspolitik versprechen. Das ist das sozialdemokratische Rezept gegen den befürchteten Erdrutschsieg der rechtspopulistischen Schwedendemokraten.

Jetzt läuft alles ein bisschen anders als gedacht. Löfven besucht Feuerwehren. Er muss sich kritischer Fragen erwehren, ob nicht auch seine Regierung durch das Kaputtsparen der staatlichen Krisenbereitschaft Verantwortung für die erstaunliche Ausbreitung der Waldbrände trägt. Zur „stärkeren Gesellschaft“ will nicht recht die Klage der Feuerwehrgewerkschaft kurz vor Ausbruch der Brände passen, dass es wegen fehlender Ausbildung des Personals an allen Ecken und Enden mit den Einsatzmöglichkeiten hapere. Akut unterbesetzt sind in vielen Orten die freiwilligen Feuerwehren.

All dies war auch schon nach einem verheerenden Waldbrand 2014 im Bezirk Västmanland klar, dessen Bekämpfung viel zu spät und miserabel koordiniert in Gang kam. Geändert hat sich nichts. Innenminister Morgan Johansson bezeichnete Anfang dieses Jahres die schwedische Krisenbereitschaft als „Spitzenklasse“.

Löschflugzeuge geliehen

Den Brüsseler Vorschlag, gemeinsam 280 Millionen Euro unter anderem für die Anschaffung von Flugzeugen zur Brandbekämpfung bereitzustellen, wies er zurück: Zu teuer für Schweden und nicht notwendig. Bei den Waldbränden hat die Stockholmer Regierung bisher die Hilfe von je sieben Flugzeugen und Hubschraubern aus anderen EU-Ländern in Anspruch nehmen müssen. Keine gute Wahlkampfmunition.

Für Löfvens Wahlchancen am 9. September von erheblicher Bedeutung ist der Regen: Wann kommt er endlich? So lange, bis die vier größten, als nicht löschbar eingestuften Brände gestoppt werden. Je länger es dauert, umso länger dürfte im Wahlkampf um das richtige Krisenmanagement gestritten werden: An einem Ende die Umweltschützer, die neben der Klimakatastrophe auch auf die industrielle Monokultur der schwedischen Wälder als Brandgefahr hinweisen. Und auf der anderen Seite die Rechtspopulisten: Das Geld für die Katastrophenbereitschaft sei so knapp bemessen, weil alles für die Flüchtlinge draufgehe.

 

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