Sexskandal
Und raus bist du
Paolo Roberto war in Schweden Everybody’s Darling – bis er im Bordell erwischt wurde.
Seine Bücher über Yoga und italienische Küche waren Bestseller, auch als Moderator, Schauspieler und TV-Koch war Paolo Roberto ein gefragter Mann. Nun hat ein Bordellbesuch für 150 Euro gereicht, um den schwedischen Unterhaltungsstar im Handumdrehen in einen ausgestoßenen Paria zu verwandeln, mit dem niemand jemals zu tun gehabt haben will. Der 51-jährige Ex-Profiboxer, der auch als Fitness-Guru und Restaurantbetreiber sehr erfolgreich war, hat gegen das Sexkaufverbot in seinem Land verstoßen: Er war bei einer Razzia von der Stockholmer Polizei in flagranti mit einer Prostituierten erwischt worden.
Sofort nach der ersten Schlagzeile mit Geständnis hatte der renommierte Bonnier-Verlag sämtliche zwölf Bücher – von „Paolos Yoga“ über „Paolos Gebote“ bis „Paolo Robertos italienische Küche“ – aus den Regalen nehmen lassen. Es gibt sie nirgends mehr zu kaufen. Die größten heimischen Supermarktketten ICA und Coop teilten im selben Eiltempo mit, dass ab sofort keine Pasta, Tomatenkonserven und auch nichts anderes aus der Serie „Paolos“ mit italienischen Lebensmitteln in den Regalen zu finden seien. Man stehe für „Nachhaltigkeit und Ethik bei der Lebensmittelproduktion“, verkündete Coop.
Der Privatsender TV4, dem Roberto viele Jahre treu und erfolgreich als Juror für „Let’s Dance“ und allerlei Reality-Serien gedient hat, brachte erst ein exklusives Interview mit dem reuigen Sexkäufer. Dann gab es auch von hier die Mitteilung wie von ausnahmslos allen bisherigen Geschäftspartnern Robertos: „Wir beenden sofort jede Zusammenarbeit.“
Schweden hat als erstes Land der Welt schon 1999 den Kauf sexueller Dienstleistungen unter Strafe gestellt. Razzien gehören zum Polizeialltag und bedeuten im Normalfall Bußgelder je nach Einkommen. Im Fall des Sohnes italienischer Arbeitsimmigranten schätzten Medien die zu erwartende Strafe auf 2500 Euro.
Unklar blieb, ob möglicherweise auch Anklage wegen des vor einigen Jahren neu eingeführten Tatbestandes der „fahrlässigen Vergewaltigung“ erhoben wird. Das wäre der Fall, wenn sich der Käufer nicht ausreichend vergewissert hat, ob die Prostituierte möglicherweise zu ihrer Arbeit gezwungen wird. Zu den zehn weiteren Fängen dieser Razzia gehörte auch der Spitzenmann eines schwedischen Großunternehmens. Dessen Name zierte keine Schlagzeile, und anonym meldeten Medien, dass er seinen Job behalten habe.
„Ich bin ein Parasit“
Der „Gastarbeiter“-Sohn Paolo Roberto aber war als Name mit extrem hohem Unterhaltungswert unwiderstehlich. So hatten das vor Jahren auch Schwedens seit hundert Jahren dominierende Sozialdemokraten gesehen. Sie konnten den sympathisch rüberkommenden Aufsteiger und Tausendsassa für eine Reichstagskandidatur gewinnen. Sie störten sich nicht an dessen öffentlichen Ausfällen über homosexuelle Partnerschaften sowie die grundlegenden Irrwege des Feminismus. Roberto hatte das rechtzeitig vor den Wahlen „geradegezogen“, kam trotzdem nicht ins Parlament – und entdeckte danach, dass er doch kein Sozialdemokrat war: „Es ist nicht gut für ein Land, wenn es so lange von einer Partei dominiert wird.“
Auch sein verzweifelter Rettungsversuch sofort nach der Razzia durch maximale öffentliche Selbsterniedrigung blieb ohne Erfolg. „Mein Handeln ist das Schmutzigste, Widerlichste, was man einem anderen Menschen antun kann,“ sagte der Vater zweier Teenager im TV-Interview und schrieb auf Facebook: „Ich bin ein Parasit, der es verdient, ausradiert zu werden.“
Das, wie gesagt, sah Schwedens Medien- und Unterhaltungsindustrie genauso. Und so war in einem Kommentar der Zeitung „Expressen“ zu lesen: „Die lüsterne Kälte rund um Paolo Robertos Fall, die Selbstgerechtigkeit und die Auslöschung von allem, was er jemals berührt hat, sagen viel aus über das Unerträgliche unserer Zeit.“