Friedensnobelpreis eine Warnung vor dem Atomkrieg
Gegen den drohenden Atomkrieg
Weil die „Gefahr eines Atomkrieges so groß ist wie schon lange nicht“ erhält Ican den Friedensnobelpreis. Kontrovers allerdings wird der von Ican geforderte Verbotsvertrag für Atomwaffen gesehen.

Weil die „Gefahr eines Atomkrieges so groß ist wie schon lange nicht“, hat das Nobelkomitee in Oslo den diesjährigen Friedensnobelpreis an die Internationale Kampagne zur atomaren Abrüstung (Ican) vergeben.
„Die Menschen sind zu Recht besorgt, weil die Welt gefährlicher geworden ist. Es macht ihnen Angst, dass sie mit Atomwaffen verteidigt werden sollen“, sagte die Komiteesprecherin Berit Reiss-Andersen bei der Bekanntgabe der Entscheidung in der norwegischen Hauptstadt. Die in Genf mit ganzen vier hauptamtlichen Mitarbeitern ansässige Organisation Ican, ein Dachverband für mehr als 450 gegen Atomwaffen aktive Organisationen in mehr als hundert Ländern, habe die „katastrophalen humanitären Konsequenzen der Anwendung von Nuklearwaffen“ klargemacht und herausragend für ein weltweit geltendes Verbot von Atomwaffen geworben.
In der Begründung für die Vergabe verwies das fünfköpfige Komitee auf Nordkorea als Beispiel für mehrere Staaten, die den Besitz von Nuklearwaffen anstrebten. Außerdem seien die mindestens neun bestehenden Atommächte dabei, ihre Arsenale zu modernisieren.
Reiss-Andersen sagte auf die Frage, ob der Friedensnobelpreis auch als „Tritt“ für Präsident Donald Trump gemeint sei, der Nordkorea mit „totaler Vernichtung“ durch die Atom-Supermacht USA droht und den Vertrag zur Kontrolle des iranischen Atomprogramms annullieren will: „Wir geben niemandem mit diesem Preis einen Tritt. Er ist auch nicht an Trump gerichtet, sondern an alle und kann im Grunde überhaupt nicht kontrovers gesehen werden.“
122 Staaten verabschiedeten Verbotsvertrag für Atomwaffen
Ziemlich kontrovers allerdings wird der von Ican geforderte und vom Nobelkomitee ausdrücklich unterstützte weltweite Verbotsvertrag für Atomwaffen gesehen. 122 Staaten verabschiedeten ihn unter anderem auf Initiative Österreichs im Juli unter dem UN-Dach in New York. Dazu gehören aber weder die Atommächte noch Deutschland. Die Bundesregierung gratulierte Ican denn auch am Freitag aus Berlin zu der Auszeichnung, warb aber gleichzeitig mit den Worten der stellvertretenden Regierungssprecherin Ulrike Demmer für das Atomwaffenarsenal der Nato: „Solange es Staaten gibt, die Atomwaffen als militärisches Mittel ansehen, und Europa davon bedroht ist, besteht die Notwendigkeit einer nuklearen Abschreckung fort.“
Die schwedische Ican-Sprecherin Beatrice Fihn (34) sagte im Rundfunk, ihre Organisation werde nach der „ehrenvollen Mitteilung aus Oslo“ ihre Anstrengungen für das angestrebte Atomwaffenverbot intensivieren: „Wir müssen nicht weiter in Angst und Schrecken leben. Es gibt Alternativen. Aus Erfahrung mit anderen Waffentypen wissen wir, dass es nach einem Verbot für die betroffenen Ländern schwerer wird, ihre Arsenale aufrechtzuerhalten.“
Vor Ican hatte für ähnliche Abrüstungsinitiativen aus der Zivilgesellschaft die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) 2013 den berühmtesten Friedenspreis der Welt bekommen. 2005 ging er an die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und ihren damaligen Generaldirektor Mohammed El Baradei. Die Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen (ICBL) und ihre Sprecherin Jody Williams wurden 1997 mit den Friedensnobelpreis geehrt. Bei der Vergabe an den gerade erst ins Amt gekommenen US-Präsidenten Barack Obama 2009 hatte das Osloer Komitee dessen „Vision und Arbeit für eine Welt ohne Atomwaffen“ als herausragenden Grund genannt.
Diese Vergabe als reiner „Vorschuss“ war dem Ausgezeichneten selbst erkennbar unangenehm und gilt inzwischen als Flopp, der nichts Positives in Richtung atomare Abrüstung bewirkt hat. In diesem Jahr galt ein politisch ähnlich deutliches Signal mit einer Vergabe an die Architekten des Vertrages zur Kontrolle über das iranische Atomprogramm als nicht unwahrscheinlich. Hätten, wie von vielen erwartet, der iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif und die italienische EU-„Außenministerin“ Federica Mogherini, gemeinsam den Friedensnobelpreis bei der Zeremonie im Osloer Rathaus am 10. Dezember in Empfang nehmen können, wäre dies von der Trump-Regierung wohl eindeutig als „Tritt“ aufgefasst worden.
Der Friedensnobelpreis ist wie die anderen Nobelpreise auch mit neun Millionen schwedischen Kronen (950 000 Euro) dotiert. Im letzten Jahr wurde der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos für die Beendigung des 50 Jahre andauernden Bürgerkriegs in seinem Land ausgezeichnet.