Norwegen Oslo kündigt Schmerzen an
Von Thomas Borchert

Bei ihrem Antritt als Norwegens Integrationsministerin kündigte Sylvi Listhaug an, sie werde „mit das härteste Ausländergesetz Europas“ durchsetzen. Das ist anderthalb Monate her.
Die 38- jährige Rechtspopulistin hat im klirrend kalten nordischen Winter schnell gezeigt, dass sie es ernst meint. Listhaug kämpft verbissen um die Abschiebung möglichst aller 5500 seit Herbst über Russland eingereisten Asylbewerber. Dass ausgerechnet die Regierung in Moskau dieses Projekt gestoppt und norwegische Flüchtlingsfreunde zu innigen Danksagungen veranlasst hat, gehört zu den überraschenden Entwicklungen in der europäischen Asylpolitik.
Am norwegisch-russischen Grenzübergang Storskog herrschen derzeit Temperaturen zwischen minus 15 und minus 35 Grad. Hier, weit oberhalb des Polarkreises, hatten im Sommer und Herbst viele Flüchtlinge mit Fahrrädern Skandinaviens nördlichsten Grenposten passiert, weil es zu Fuß verboten war. Listhaug wollte nach ihrem Antritt ein schnelles „Zeichen setzen“ und ließ Flüchtlinge in einem Bus durch die Schnee- und Eiswüste nach Murmansk abschieben. Verhandlungen über deren Versorgung durch die nicht unbedingt als Menschenrechtsvorkämpfer bekannten Behörden in Russland gab es nicht.

Probleme konnte die Ministerin nicht erkennen, nachdem ihre Regierung Russland zu einem sicheren Drittland erklärt hatte. Die über Storskog eingereisten Asylbewerber wurden festgenommen, die Behandlung individueller Asylanträge abgelehnt. Als die russische Seite die Aufnahme weiterer Abgeschobener nun ablehnte, ließ die Ministerin sich nicht entmutigen: Dann werde man sie eben direkt in die Herkunftsländer abschieben.
Die konservative Regierungschefin Erna Solberg setzte am Dienstag beim Konflikte mit Russland sanft den Fuß auf die Bremse: „Wenn es nicht anders geht, müssen wir jetzt selbst die Asylanträge prüfen.“ Mit Blick auf das dann zu Erwartende sagte sie der Zeitung „Aftenposten“: „Wir müssen gestählt sein für die Unruhe bei den Abschiebungen. Es wird nicht ohne Schmerzen abgehen.“