Sozialdemokraten lösen Konservative in Norwegen ab
Norwegen vor Regierungswechsel: Erinnerung an Willy Brandt
Angesichts der sozialdemokratischen Dominanz beim nächsten Spitzentreffen im Nordischen Rat drängt sich in Anlehnung an Willy Brandt aber doch die Frage auf, ob hier vielleicht wieder zusammengewachsen ist, was zusammengehört. Wie kein anderer deutscher Nachkriegspolitiker hat der 1933-1945 in Norwegen sowie Schweden vor der Nazi-Verfolgung gerettete Ex-Bundeskanzler die Vorbildrolle der skandinavischen Sozialdemokratien bei der Schaffung moderner Sozialstaaten herausgehoben.https://embeds.fanmatics.com/?campaignId=92881739&referrer=https%3A%2F%2Fwww.fr.de%2Fpolitik%2Fnorwegen-vor-regierungswechsel-der-norden-ist-wieder-rot-91050350.html
Heute zeugen allerlei Weltranglisten weiter davon, dass Nordeuropa tatsächlich eher und wirkungsvoller grundlegende gesellschaftliche Strukturen verändert haben als andere. Die fünf Staaten stehen fast immer ausnahmslos auf Spitzenplätzen, wenn etwa die Stellung der Frauen weltweit verglichen wird oder das Vertrauen in die soziale Sicherheit und staatliches Handeln generell. Beim jährlichen „World Happiness Index“ der Vereinten Nationen, der die generelle Lebenszufriedenheit global nach Ländern vergleicht, hat Finnlands Bevölkerung die Däninnen und Dänen vom prestigeträchtigen ersten Platz verdrängt.
Norwegen vor Regierungswechsel: keine Einigkeit unter den Parteien
Auch die vergangenen beiden Jahrzehnte mit bürgerlich neoliberaler Dominanz haben das Grundvertrauen in ein sozialdemokratisch geprägtes Gesellschafts- und Staatsmodell nicht erschüttert. Nach dem Wechsel zur Arbeiterpartei in Oslo konstatierte der Kopenhagener Parteienforscher Hans Mouritzen im Online-Medium „Altinget“: „Das ist die Rückkehr Skandinaviens zu einer Art Normalzustand“. Allerdings für alle Sozialdemokratien auf wackligen Beinen, denn keine kommt auch nur in die Nähe von 30 Prozent.
Auch kann von einem gemeinsamen sozialdemokratischen Weg im Norden kaum noch die Rede sein. Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen (41) fährt einen nationalistischen Kurs: Bei einem Besuch in Indien diese Woche beantwortete sie eine Frage nach fehlender Corona-Solidarität reicher Länder kurzerhand mit ihrem Grundprinzip: „Dänemark zuerst.“ Und Ausländerminister Mattias Tesfaye brachte kürzlich bei einem Besuch in Litauen Stacheldraht mit, für die Sicherung der dortigen EU-Außengrenze gegen Flüchtlinge – die Spitzen scharf wie Rasierklingen. Zum Kurs der dänischen Sozialdemokratie erklärt Norwegens neuer Regierungschef Støre höflich, seine Partei habe „eine etwas andere Sicht“.
Schwedens glückloser Stefan Löfven
In Schwedens hat der glücklose sozialdemokratische Premier Stefan Löfven persönlich den Versuch aufgegeben, einen Mittelweg zwischen diesen beiden Positionen zu finden. Im größten Land Skandinaviens sorgen immer neue gegenseitige Mordanschläge in der organisierten Kriminalität als Folge nicht funktionierender Integration für beunruhigende Schlagzeilen. Bei extrem wackeligen Mehrheitsverhältnissen im Reichstag tritt der biedere Ex-Gewerkschaftschef im November ab und überlässt die Regierungsspitze der derzeitigen Finanzministerin Magdalena Andersson.
Wenn Islands „linksgrüne“ Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir (45) ihr Amt bei der jetzt laufenden Regierungsbildung in Reykjavik behält, was als sicher gilt, wird Nordeuropa zum Jahresende auch weiblich dominiert. Die Finnin Sanna Marin (35) vervollständigt das Frauenquartett gegenüber Jonas Gahr Støre als einzig hier verbliebenen Mann an der Regierungsspitze.
October 15, 2021 at 1:08 pm
Hi Thomas, hast du schon the Nordic Secret gelesen? Da musste ich gerade dran denken… Gruß aus Stockholm… Deine Maike
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October 15, 2021 at 3:57 pm
hei Maike. Nee, ich weiß noch nicht mal, was das ist. LG, Thomas
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