Schwedens Flüchtlingspolitik schwer unter Druck: Zum Doppelmord bei Ikea
“Schweden droht Rechtsruck” und alternativ “Schwedens Herz für Flüchtlinge droht zu zerbrechen” hat die Frankfurter Rundschau meinen Artikel zu einem Doppelmord bei Ikea mit enormen politischen Auswirkungen überschrieben:
Flüchtlinge Schweden droht Rechtsruck
Von Thomas Borchert

Der 36-jährige Täter aus Eritrea hatte am Montagmorgen bei der Ausländerbehörde von Västerås, eine Autostunde westlich der schwedischen Hauptstadt, von seiner bevorstehenden Abschiebung nach Italien erfahren. Danach ging er zu Ikea, nahm sich nach unbestätigten Angaben von Aftonbladet“ in der Haushaltsabteilung ein Küchenmesser und stach auf eine 55-jährige Frau und deren 28- jährigen Sohn ein. Anschließend verletzte er sich selbst mit Messerstichen in den Bauch lebensgefährlich. Die Frau und ihr Sohn starben an Ort und Stelle. Ihr Mörder überlebte nach zwei Operationen und konnte am Haftprüfungstermin per Videolink teilnehmen. Er gestand. Über das Motiv ist nichts bekannt, da die Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand.
Medien stehen unter Druck
Ein 23-jähriger Landsmann und Begleiter des Täters, wurde zunächst wegen Mittäterschaft festgenommen, nach dem Mordgeständnis aber freigelassen. Auch hier gab es keine weiteren Informationen. Weil die Polizei Selbstjustiz aus der Bevölkerung fürchtet, ist der 23-Jährige jetzt unter Bewachung an einem geheimem Ort untergebracht.
„Man muss schon damit rechnen, dass finstere Kräfte dies ausnutzen“, meinte Einsatzleiter Per Ågren zu den umfassenden Schutzmaßnahmen für Flüchtlingsunterkünfte. Nicht einzudämmen ist so allerdings die Welle von wüst zusammengedichteten, über das Netz verbreiteten „Morddetails“,, kollektiven Schuldzuweisungen und Anklagen gegen die „schlappe Politik“ sowie „verlogene Medien“. Schwedens größte Boulevardzeitung „Aftonbladet“ begründete die Veröffentlichung von Details von „internen Polizeiangaben“ damit, dass man wie nie zuvor derartig Druck von der eigenen Leserschaft bekommen habe.
Nach den Morden bei Ikea zeichnet sich nun eine Wende der sonst zurückhaltenden Berichterstattung der schwedischen Medien ab. Dafür sprach sich der Kommentator von „Svenska Dagbladet“, Per Gudmundson über Twitter ausdrücklich aus: „Ich will, dass mehr über den Ursprung berichtet wird. Nationalität, Kultur und Religion sind ein bedeutender Faktor bei dieser Art von Gewalt.“
Aufnahmequote am höchsten
Presse-Ombudsmann Ola Sigvardsson entgegnete in „Dagens Nyheter“, Schweden gehe „unangenehmen Zeiten“ entgegen, „wenn dieser Fall genutzt wird, um die Grenzen zu verschieben“. Dass es dabei im Kern nicht um Medienregeln, sondern um die nirgendwo sonst in Europa so liberale und großherzige Stockholmer Flüchtlingspolitik geht, demonstrierten postwendend die rechtspopulistischen Schwedendemokraten.