Queen Mary

Dänemark und die Sklaverei: Bis heute nach Kräften verdrängt

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Statue des Anstoßes

Mary Thomas führte 1878 auf der Karibikinsel St. Croix einen gewaltsamen Aufstand gegen die dänischen Kolonialherren an. Ihre Statue in Kopenhagen lenkt nun die Aufmerksamkeit auf ein düsteres Kapitel der Geschichte des Königreiches. Selbst FR-Korrespondent Thomas Borchert ist in gewisser Hinsicht darin verstrickt.

 

Denkmal
Denkmal für eine starke Frau – oder Mahnung an die Dänen, sich endlich ihrer Kolonialgeschichte zu stellen? Foto: Borchert

Unser Hochzeitsfest war in vollem Gange, da murmelte mir die Schwägerin wie beiläufig ins Ohr: „Du weißt schon, dass das hier ein Sklavenhalter-Bau ist?“ Mit hier meinte sie das Haus in der Strandgade 46, wo wir damals lebten und auch unsere Vermählung feierten. Nein, das hatte ich bis zu diesem Moment nicht gewusst. Und die Neuigkeit stimmte mich frisch zugewanderten Neu-Kopenhagener, der ich in meiner Begeisterung über all die unwiderstehlich fröhlichen Dänen schwelgte, zunächst auch nicht besonders nachdenklich. Obwohl die Schwägerin noch angefügt hatte: „Reich geworden sind sie hier ja alle durch die Sklaverei.“ So auch der Erbauer und erste Bewohner dieses Hauses namens Andreas Bjørn.

Die erwähnte Hochzeit war Anfang der achtziger Jahre – und nun, dreieinhalb Jahrzehnte später, hat mich der strenge Blick der schwarzen Mary Thomas, genannt Queen Mary, quer über den Hafen Richtung Strandgade mit Macht zurückgetrieben zu den Ursprüngen meines ersten Kopenhagener Domizils. Seit dem Frühjahr thront die einstige Plantagenarbeiterin von der Karibikinsel St. Croix als sieben Meter hohe Statue vor dem „Westindischen Lagerhaus“. Sie führte 1878 einen höchst gewaltsamen Aufstand gegen die dänischen Kolonialherren an, weil sich auch Jahrzehnte nach der formellen Abschaffung der Sklaverei kaum etwas zum Besseren geändert hatte.  Read the rest of this entry »