Ex-Ausländerministerin Inger Støjberg kommt vor ein “Reichsgericht”


15.01.202112:33
Rechtspopulismus
Dänemark: Inger Støjberg – Rechtspopulistin wegen Amtsvergehen vor „Reichsgericht“von Thomas Borchert
Dänemarks erfolgreichste Populistin Inger Støjberg kommt vor ein „Reichsgericht“. Vor drei Jahren postete sie einen Kuchenfoto, das einen Skandal auslöste.
- Inger Støjberg war dänische Ausländerministerin.
- Nun ist klar, dass sie sich wegen gesetzwidriger Amtsführung vor einem „Reichsgericht“ verantworten muss.
- Sie hatte ohne Prüfung nach Dänemark geflüchtete Paare mit minderjährigen Partnern getrennt.
Kopenhagen – Als Dänemarks Ausländerministerin ließ Inger Støjberg syrische Bürgerkriegs-Flüchtlinge auf Schmuck filzen, um ein „Pfand“ für anfallende Kosten einzubehalten. Sie kündigte die Internierung abgewiesener Asylsuchender auf einer früher für die Eindämmung von Tierseuchen genutzten Insel an. Nach „ihrer“ 50. Verschärfung des Ausländerrechts präsentierte sie sich freudestrahlend mit Jubiläumstorte auf Facebook.
Weil die 47-jährige Rechtsliberale auf der Jagd nach immer neuen Verschärfungen wohl wissentlich geltendes Recht gebrochen hat, kommt sie nun vor ein „Reichsgericht“. Donnerstag entschied sich eine breite Mehrheit im Kopenhagener Parlament für die Einberufung dieses Sondergerichts bei gesetzwidriger Amtsführung durch Ministerinnen und Minister. https://www.facebook.com/v3.2/plugins/post.php?app_id=&channel=https%3A%2F%2Fstaticxx.facebook.com%2Fx%2Fconnect%2Fxd_arbiter%2F%3Fversion%3D46%23cb%3Dfdf510bfe804be%26domain%3Dwww.fr.de%26origin%3Dhttps%253A%252F%252Fwww.fr.de%252Ff200723b305213c%26relation%3Dparent.parent&container_width=803&href=https%3A%2F%2Fwww.facebook.com%2FIngerStojberg%2Fposts%2F3776223302417359&lazy=true&locale=en_US&sdk=joey&show_text=true&width=
Dänemark: Inger Støjbergs Partei Venstre musste zustimmen
Auch Inger Støjbergs in die Opposition gewechselte Partei „Venstre“ stimmte zähneknirschend dem seit 1849 nur fünfmal einberufenen Gericht – zu unmissverständlich erklärte die von der Regierung bestellte Sachverständige den Grund: Die Ministerin hat bei der Trennung von Flüchtlingspaaren mit einem minderjährigen Mädchen 2016 die zwingend vorgeschriebene Einzelfallprüfung wissentlich außer Kraft gesetzt. Sie wolle „Kinderbräute“ vor erzwungener Partnerschaft schützen, erklärte sie damals und ordnete die sofortige Trennung aller 23 in dänischen Asylcentern ermittelten Paare mit einem minderjährigen Teil an.
Inger Støjberg: „Schutz der Kinderbräute“ in Dänemark
Dabei wurden die Betroffenen weder angehört noch auf die persönlichen Verhältnisse Rücksicht genommen – wie der gemeinsamen Flucht einer 16-Jährigen mit ihrem 18-jährigen Partner. Heute erklärt Inger Støjberg: „Ich könnte mich nicht im Spiegel anschauen, wenn ich nicht alles zum Schutz der Kinderbräute getan hätte.“ Sie habe nie Anordnungen zum Bruch von Gesetzen gegeben – sieht das Reichsgericht das anders, drohen ihr bis zu zwei Jahren Haft.
Ihre simpel und brutal formulierten Initiativen gegen muslimische Zuwanderung haben der Politikerin aus Jütland einen dauerhaften Spitzenplatz bei Popularitätsumfragen beschert. Mit sicherem Gespür für den Wählergeschmack auf der Rechten erfand Inger Støjberg immer neue knallig klingende Initiativen und verbuchte unverhohlen auch Proteste dagegen als Beweis für die eigene Durchschlagskraft. (Thomas Borchert)
Und hier der weggekürzte Rest des Artikels:
Ein Herz und eine Seele war Støjberg stets mit den Rechtsaußen von der Dänischen Volkspartei, die „Venstre“ über zwei Jahrzehnten als Mehrheitsbeschafferin zu Diensten waren. Als Gegenleistung durfte die Partei in dieser Zeit den Takt bei der immer abweisenderen Zuwanderungspolitik vorgeben. Derzeit will die Dänische Volkspartei durchsetzen, dass die heimische Staatsbürgerschaft Menschen aus muslimischen Welt komplett versperrt und nur an Zuwanderer mit einem Ehepartner aus Dänemark vergeben wird.
Allerdings ist die Partei in der Wählergunst 2019 tief abgestürzt und im Gefolge die rechte Mehrheit insgesamt gekippt. Was nicht bedeutet, dass die neue Mehrheit hinter den Sozialdemokraten dem Land eine andere Zuwanderungspolitik bescheren würden. Vielmehr hat sich deren Chefin Mette Frederiksen an der Regierungsspitze ausdrücklich auf die ausgeprägt harte und eindeutig anti-islamische Ausländerpolitik verpflichtet. Als Støjbergs Nachfolger im Fachministerium verkündet der Sozialdemokrat Mattias Tesfaye regelmäßig Initiativen ganz im Geist der Vorgängerin. Allerdings schlägt er dabei einen ruhigeren Ton an und verzichtet auf den knalligen Klang mit brutalen Formulierungen.