Sipri konstatiert: Die Welt rüstet stetig weiter auf
Hinter den USA (801 Milliarden Dollar für das Militär) und China (293 Milliarden) liegen auch Indien (76,6 Milliarden) und Großbritannien (68,4 Milliarden) noch vor Russland (65,9 Milliarden). Die Moskauer Militärausgaben sind mit einem Anteil von 4,1 Prozent am Bruttoinlandsprodukt relativ gesehen weit höher als die der anderen Großmächte.
Wer die Sipri-Angaben mit Blick auf die finanzielle Vorbereitung des Überfalls auf die Ukraine liest, kommt zu der Feststellung: Russland habe die ursprünglich für 2021 veranschlagten 42,3 Milliarden Dollar bis Ende des Jahres um 14 Prozent auf 48,4 Mrd Dollar angehoben, „vermutlich vor allem eingesetzt für zusätzliche operative Kosten“. Möglich gemacht hätten die Ausgabensteigerungen für das Militär in den vergangenen drei Jahren die Einnahmen aus gestiegenen Energiepreisen. Vorher war wegen der niedrigen Gas- und Ölpreise auch der russische Militärhaushalt rückläufig.
Zum Vergleich: Die Ukraine hatte im Jahr 2021 mit 5,9 Milliarden Dollar weniger als ein Zehntel der russischen Rüstungsaufwendungen im Haushalt. Seit 2012 wurden sie um 142 Prozent gesteigert, womit die Ukraine auf der Sipri-Liste jetzt etwa gleichauf liegt mit Finnland, Oman und der Schweiz.
Deutschlands Militärausgaben waren mit 56 Milliarden Dollar (laut der gegenüber offiziellen Berliner Angaben modifizierten Sipri-Berechnung) fast genauso hoch wie die in Frankreich und Saudi-Arabien. Mit einer Quote von 1,3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt ist Berlin nach wie weit entfernt vom Zwei-Prozent-Ziel der Nato, das inzwischen acht Staaten der Militärallianz erreicht haben.
Zu dem von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wenige Tage nach Beginn des Krieges in der Ukraine verkündeten Aufrüstungsprogramm mit zusätzlichen 100 Milliarden Euro vermerken die Stockholmer Friedensforschenden: „Es ist unklar, wie diese Ankündigung Deutschlands vorher verkündete Verpflichtung zu Aufwendungen für Diplomatie und Entwicklungshilfe beeinflussen wird.“ Sie beziehen sich damit auf die Ankündigung der Ampel-Koalition bei ihrem Antritt, insgesamt drei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts für Diplomatie, Entwicklungshilfe und Militär bereitzustellen.
Sipri-Experte Diego Lopes da Silva sagt: „Mehrere andere europäische Nato-Alliierte wie etwa Dänemark, Polen und Rumänien haben einen Anstieg ihrer Militärausgaben angekündigt. Also ist für Europa mit einem Anstieg zu rechnen.“ Es sei aber wichtig, im Blick zu behalten, dass es sich vorerst nur um Pläne handele.
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Außerhalb Europas hebt Sipri den erstmals seit vier Jahren wieder steigenden Rüstungsetat im Iran heraus. Teheran legte hier um elf Prozent auf 24,6 Milliarden Dollar zu, fast gleichauf mit dem Erzfeind Israel. In den vorangegangenen Jahren hatten Sanktionen und niedrige Öl- und Gaspreise die Rüstungsausgaben schrumpfen lassen. Der Nahe Osten war auch 2021 die Weltregion mit den relativ höchsten Militärausgaben: Oman wendete 7,3 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für das Militär auf und ist damit „Weltspitze“, gefolgt von Kuwait (6,7), Saudi-Arabien (6,6), Israel (5,2) und Jordanien (5,0).
Australien erhöht weiter deutlich die Militärausgaben als Reaktion auf die Hegemoniebestrebungen Chinas im Südpazifik. Bei einer Steigerungsrate von 42 Prozent seit 2012 und vier Prozent in 2021 hat die Regierung im vergangenen Jahr mit Großbritannien und den USA das Dreierbündnis AUKUS gebildet (ein Akronym aus den englischen Abkürzungen der drei beteiligten Staaten). Daraus folgte unter anderem ein Washingtoner Angebot zur Lieferung von acht Atom-U-Booten.