Norwegens Verteidigungsminister wirbt für Aufrüstung und stolpert über MeToo
Der heute 67- Jährige war damals Energieminister im Kabinett des heutigen Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg und einer der mächtigsten Politiker im durch Gas und Öl steinreichen Norwegen. Er hatte die junge Frau 2006 als Gymnasiastin mit ihrer Schulklasse durch das Parlament geführt. In der anschließenden Beziehung einigten sie sich darauf, dass Enoksen, verheiratet und Vater mehrerer Kinder, als „sexueller Mentor“ fungieren solle. „Es schmeichelte mir, dass ein so junges Mädchen mir diese Art von Aufmerksamkeit zukommen ließ“ – aber niemals habe er seine Macht über sie missbraucht.
Das sieht die junge Frau ganz anders. Sie sei von Enoksen bei Dienstfahrten mit Chauffeur mitgenommen worden und habe bei Meetings zuhören dürfen, was dieser bestätigte. Gleichzeitig habe er an der Ausweitung der sexuellen Kontakte gearbeitet, was sich laut Enoksen eben ergab.
Die Frau schildert sich selbst als in der Beziehung „vollkommen naiv“. Sie habe sich zunächst als „auserwählt“ durch den mächtigen und landesweit bekannten Politiker in einer Phase ihrer Entwicklung empfunden, in der sie generell „kein positives Bild“ von sich selbst hatte. Die Beziehung zu beenden, sei ihr schwer gefallen, sie habe sich mehr und mehr sexuell „unter Druck“ gefühlt.
Dass sie ihre Erlebnisse nach fast anderthalb Jahrzehnten nun öffentlich macht, ist Enoksens Reaktion eine Woche zuvor auf die Aussagen einer Ex-Parteikollegin über zwei MeToo-Episoden von minder schwerem Kaliber zuzuschreiben. Der Minister entschuldigte sich und antwortete frohgemut auf die Frage, ob es weitere solche Vorkommnisse gebe: „Das hoffe ich nicht. Aber ich bin bald 68 und habe ein langes Leben gelebt.“ Diese dreiste Nonchalance brachte das Fass für Enoksens Opfer zum Überlaufen.
Norwegens sozialdemokratischer Regierungschef Jonas Gahr Støre konstatierte trocken, der Fall sei als Machtmissbrauch eines älteren Mannes gegenüber einer jungen Frau vollkommen klar. Leider habe Enoksen vor seiner Ernennung zum Minister davon nichts gesagt. Beim Antritt im vergangenen Herbst hat Støre als eine seiner wichtigsten Aufgaben die Wiederherstellung eines akzeptablen Rufs der Parlamentspolitik in Norwegen bezeichnet.
Danach mussten seine eigene Parteivize sowie Arbeits- und Sozialministerin Haida Tajik und die ebenfalls sozialdemokratische Parlamentspräsidentin Eva Kristin Hansen abtreten, weil sie regelwidrig kostenfreie Parlamentswohnungen in Oslo in Anspruch genommen hatten.