Dänische Post trägt keine Briefe mehr aus

Ausgetragen
11.03.2025
Von: Thomas Borchert
Warum die dänische Post von 2026 an keine Briefe mehr zustellen will
Die dänische Post hat ein tolles Trostpflaster vorbereitet für ihre Schockmeldung, dass vom 1. Januar 2026 an überhaupt keine Briefe mehr ausgetragen werden: Wer etwas auf Papier übermitteln wolle, könne das nach Neujahr durchaus weiter tun. Einfach durch Umbenennung auf „Päckchen“, die will Postnord weiter und gerne zustellen. Dass man dafür dann das Doppelte des jetzt auch schon astronomisch hohen Briefportos von mindestens vier Euro hinzublättern und eventuell zum nächsten Abholpunkt zu pilgern hätte, blieb unerwähnt.
So richtig geschockt hat das Aus für den Brief in dänischen Briefkästen nach 400 Jahren vor allem die 1500 Postnord-Beschäftigten. Ihnen wurde das Aus für ihren Job am selben Tag mitgeteilt wie der Abbau von 8000 Stellen bei der deutschen Post vor demselben Hintergrund. Schon lange allerdings hat die Verminderung des Briefaufkommens um 90 Prozent seit Anfang der 2000er im durchdigitalisierten Dänemark viel radikaler durchgeschlagen als im hinterherhinkenden Deutschland. Im Prinzip sind alle sechs Millionen Menschen hier zu Online-Schriftverkehr mit Behörden verpflichtet. Die nehmen Mitteilungen eines Bürgers oder einer Bürgerin auf Papier gar nicht erst an. Es sei denn, man kann eine amtliche Ausnahmegenehmigung als „digital gehandicapt“ vorweisen.
Das trifft immerhin für 7,5 Prozent der Bevölkerung zu. Diese Gruppe, zumeist im fortgeschrittenen Alter, wartet nun gespannt und vermutlich verängstigt, welche Lösungen ihnen nach Neujahr angeboten werden. „Der Markt wird es richten“, lautet die Botschaft, die nicht nach dänischer „Hygge“ klingt.

„Was interessiert uns der olle Briefkasten, wir kommen perfekt klar mit WhatsApp“, antworteten dagegen junge Leute in den TV-Reportagen über das Aus nach 400 Jahren. So knallrot wie früher auch die Uniformen der Botinnen und Boten sind die 1500 Briefkästen im kleinen Königreich. Das klingt nach ziemlich wenig mit großen Abständen, und sie werden schon vom 1. Juni an abmontiert. Wohl als pädagogische Vorabmaßnahme, damit auch die letzten digital nicht so Sattelfesten begreifen, dass es ernst wird.
Richtig ernst wird es auch für Menschen anderer Herkunft, in deren Heimat der Papierbrief noch was gilt. Deutsche in Dänemark können ein Lied davon singen, wie man als digitale Spätzünder in einem hochdigitalisierten Land zurechtzukommen muss. Die Behörden in Deutschland pflegen nach wie vor Schriftverkehr auf Papier und akzeptieren keine digitalen Unterschriften. Weil die dänische Post in den letzten Jahren gefühlt nur noch sporadisch mal ihr Personal aussandte, waren Briefe aus einer deutschen Großstadt in die dänische Hauptstadt zehn Tage und mehr unterwegs. Ist eine „fristgemäße“ Antwort auf demselben Weg retour fällig, kommt man leicht ins Schwimmen.
Bei den Bundestagswahlen 2025 führte das zum Schiffbruch. Die vom Autor dieses Artikels frühzeitig per Einschreiben (Porto: 22 Euro) beantragten Wahlunterlagen wurden Anfang Februar vom Bremer Wahlamt mit der guten alten Schneckenpost auf den Weg gebracht. Sie sind auch fünf Wochen später noch nicht im Kopenhagener Briefkasten gelandet. Die Rettung bestand kurz vorm Wahltag in sechs Stunden Bahnfahrt zur persönlichen Stimmabgabe.

Für die Zustellung von Post aus dem Ausland ab 2026 gibt es „noch keine Lösung“, verkündet Dänemarks Transportministerium. Man arbeite daran. Warum die gesetzliche Pflicht zu einem für Postboten leicht erreichbaren Briefkasten auf jeden Fall beibehalten werden soll, konnte auch erst einmal nicht erklärt werden.