Trumps Griff nach Grönland schockt Dänemark
Bei Donald Trumps Griff nach Grönland erscheint schon der Ausgangspunkt irrational. Bereits jetzt bestimmen die USA in der Praxis, was dort zu tun ist.
Streit um Grönland: Viele sind verwirrt im Staate Dänemark
10.01.2025
Von: Thomas Borchert
Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen schwörte in ihrer Neujahrsansprache die Bevölkerung düster auf schwere Zeiten in einer „anderen Welt“ ein: „Die Bedrohungen kommen in vielerlei Formen. Aber egal, was uns erwartet, wir müssen den Willen haben, uns zu verteidigen. Den Willen zu siegen.“ Das Böse „gegen uns“ ortete sie ausdrücklich in „Moskau, Pjöngjang und Teheran – mit China in den Kulissen“. Was tun? Eins jedenfalls nicht: „Geben wir nach, verlieren wir.“
Die erste Erfüllung der düsteren Prophezeiung kam ein paar Tage später postwendend, aber überraschend aus Miami Beach. Dass der künftige US-Präsident Donald Trump die Forderung nach Abtretung Grönlands auch gleich mit einer Invasionsdrohung gegen den Nato-Verbündeten Dänemark verband, verschlug Frederiksen erst mal die Sprache.Sie brauchte lange für ihre erste Reaktion, die dann aber auch nicht einen Hauch von Vorwürfen Richtung Trump enthielt. Über die Zukunft Grönlands, das mit der alten Kolonialmacht Dänemark teilautonom verbunden und von Subventionen aus Kopenhagen stark abhängig ist, sollten „nur die Grönländer entscheiden“.
Über Trumps Drohung mit Wirtschaftssanktionen und sogar dem Militär sagte die Sozialdemokratin: „Ich kann mir in meinen wildesten Fantasien nicht vorstellen, dass es soweit kommt.“ Außenminister Lars Løkke Rasmussen äußerte auch noch „Verständnis für die Sorgen der USA um Grönland,“ weil doch Russland in der Arktis bedrohlich aktiv sei. Man müsse Trump auch nicht immer so genau beim Wort nehmen.
Das war eine wahrlich weichere Tonlage, als sie aus den gewichtigen EU-Hauptstädten Paris und Berlin zu hören war, wo recht klare Erinnerungen an die Unverletzlichkeit der Grenzen über den Atlantik geschickt wurden. Auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas wies Trumps Ansprüche entschieden zurück.
In Dänemark verblasste das neben Trumps wild inszenierter Begleitmusik zur Forderung nach Grönland: Er ließ seinen Sohn Donald Junior im eigenen Flugzeug „Trump Force One“ in Grönlands Hauptstadt Nuuk landen, bevor er nach vier Stunden wieder nach Hause flog. Danach verkündete Trump Junior in Fox News, die Grönländer:innen seien die rassistische Behandlung durch die Dänen leid und wollten lieber zu den USA gehören.
Neuwahlen stehen an
Vier Monate vor Neuwahlen auf der Insel verheißt das nichts Gutes. Auf jeden Fall ist klar, dass die ohnehin starken Stimmen für eine komplette Lösung von Dänemark jetzt massiv Aufwind bekommen.
Die Kopenhagener Politik sieht sich in einer schwer überschaubaren Krisensituation, wie zuletzt 2006, als sie wegen der Mohammed-Karikaturen in der islamischen Welt zum Feindbild wurde.
Bei Trumps Griff nach Grönland erscheint auch wieder unkalkulierbar, was als Nächstes passieren kann. Schon der Ausgangspunkt wirkt irrational, wie alle Grönland-Kenner:innen in Nuuk und Kopenhagen einhellig erklären: Auch jetzt bestimmen in der Praxis die USA auf Grönland militärisch souverän, was zu tun ist. Sie bekommen von Dänemark jeden Wunsch erfüllt.
So versteht sich fast von selbst, dass Frederiksens Regierung im Handumdrehen gewaltige militärische Zusatzanstrengungen für die Arktis rund um Grönland zusagt. Vielleicht kann ja damit der neue Mann im Weißen Haus zufriedengestellt werden. Ex-Außenminister Per Stig Møller ist aber skeptisch: „Vielleicht will Trump jetzt tatsächlich die Nato sprengen.“
Zudem drohte Trump noch mit Strafzöllen, sollte Dänemark Grönland nicht freiwillig abgeben. Dabei boomt das kleine skandinavische Königreich eigentlich, weil der Pharmakonzern Novo Nordisk mit seinen Abnehm-Präparaten Wegovy und Ozempic vor allem in den USA astronomische Profite einfährt. Trumps kommender Gesundheitsminister Robert Kennedy wettert schon lange über die extrem hohen Kosten dafür.
