Sipri: Rüstungskonzerne boomen wie nie zuvor – vor allem die deutschen

Boom in der Waffenindustrie: Eine goldene Ära der Rüstung
02.12.2025
Von: Thomas Borchert
Die Waffenindustrie erzielt Rekordumsätze – deutsche Konzerne profitieren besonders.
Die Rüstungskonzerne erleben goldene Zeiten, wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri jetzt mit der Auflistung von Verkaufszahlen in nie erreichter Höhe offenlegt. Zum Anstieg um 5,9 Prozent allein 2024 auf 679 Milliarden Dollar (584 Milliarden Euro) Umsatz für die 100 größten Waffenschmieden der Welt trägt nach Japan mit plus 40 Prozent vor allem die deutsche Rüstungsindustrie herausragend bei: Nach dem Branchenführer Rheinmetall haben es drei weitere Unternehmen auf die Sipri-Liste der „Top 100“ geschafft. Ihre Waffenverkäufe sind um 36 Prozent nach oben geklettert. Die höchste Steigerungsrate erzielte dabei der Nürnberger Diehl-Konzern, der nach den Stockholmer Angaben vor allem durch Lieferungen von bodengestützten Luftverteidigungssystemen und Artilleriemunition an die Ukraine 2,1 Milliarden Dollar Umsatz machen.
Rheinmetall kletterte in der Top-100-Liste, ebenfalls vorrangig dank Lieferungen an die Ukraine, vom 26. auf den 20. Platz und Diehl vom 80. auf den 67. Platz. Hinzu kommen Thyssen Krupp (von 63 auf 61) und der weniger bekannte Münchner Hensoldt-Konzern (von 70 auf 62) mit militärischer Sensortechnik. Sipri-Forscher Diego Lopes da Silva verwies gegenüber der FR zu den herausragend hohen Wachstumsraten deutscher Rüstungsunternehmen auf die noch etwas höheren in Japan. Beide Länder hätten ihre „historisch bedingten Selbstbeschränkungen“ nun zugunsten höherer militärischer Ausgaben sowie Produktion aufgegeben: „Weil die Staaten die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts als höher einschätzen.“
Den deutschen Steigerungsraten im letzten Jahr stehen ganze 3,8 Prozent plus für die US-Rüstungsindustrie gegenüber, die aber mit 336 Milliarden Dollar immer noch 49 Prozent des weltweiten Umsatzes einfährt. Die Vereinten Staaten beheimaten vier der fünf größten Rüstungskonzerne der Welt. Bemerkenswert an den aktuellen Sipri-Zahlen ist der erstmalige Auftritt von Elon Musk, dem reichsten Mann der Welt, als Nr. 77 unter den hundert größten Waffenherstellern auf dem Planeten.
Generell notieren die Stockholmer Friedensforscher aber eine Menge Sand im Getriebe der US-Rüstungskonzerne. Das gilt auch für die weltweite Nr.1 Lockheed mit ihrem Kampfflugzeug F-35 als Dauer-Verkaufsschlager. Die gesamte Branche habe mit hausgemachten Problemen zu kämpfen. Im Sipri-Report heißt es dazu: „Während Verspätungen und Kostenüberschreitungen seit langem generell zu den Eigenheiten der militärischen Modernisierung zählten, waren sie in den USA besonders ausgeprägt.“ So auch bei dem F-35-Jet.
Das habe noch viel mehr staatliche Ressourcen aus anderen Bereichen abgesaugt und „die langfristige militärische Haushaltsplanung unterminiert.“ Für die kommenden Jahre erwartet das Stockholmer Institut eine zusätzliche Verschärfung dieser Probleme „durch Engpässe bei essenziell wichtigen Materialien zur Produktion hoch entwickelter militärischer Ausrüstung“. Gemeint sind seltene Erden und andere unverzichtbare Rohstoffe in vorwiegend chinesischer Hand.
Dabei wartet China als Rüstungsproduzent bei einem Minus von zehn Prozent für die 13 größten Unternehmen im Land mit der wohl größten Überraschung im Sipri-Report auf. Sie machten bei einem Weltmarktanteil von 13 Prozent (gegenüber 2,2 Prozent für Deutschland) noch 88,3 Milliarden Dollar Umsatz. Als wichtigsten Grund werden Korruptions-Skandale genannt. So verlor Norinco, der elftgrößte Waffenkonzern der Welt und führend in China, laut Sipri auf diesem Hintergrund 31 Prozent seines Umsatzes im letzten Jahr.
Russlands Industrie folgt mit einem Weltmarktanteil von 4,6 Prozent auf die USA, China und Großbritannien (7,7 Prozent) als viertgrößter Waffenproduzent. Der Aggressor im Krieg mit der Ukraine hat laut Sipri neben dem Ausfall von Exporteinnahmen auch mit lückenhafter Materialbeschaffung durch Sanktionen sowie Facharbeitermangel in der Rüstung zu kämpfen. Der Krieg in Gaza sowie auch der in der Ukraine hat Israels drei größten Rüstungskonzernen einen Umsatz von plus 16 Prozent auf 16,2 Milliarden Dollar gebracht.