Reiner “Wildwest” bei EInbürgerung in Dänemark

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Dänemarks Migrationspolitik verletzt Menschenrechte zunehmend

25.10.25

Von: Thomas Borchert

Der Ausschuss in Kopenhagen verweigert einem Imam die Einbürgerung – obwohl gegen den Mann weder ermittelt wird, noch gibt es juristische Bedenken.

Dänemarks harte Migrationspolitik, von Bundeskanzler Friedrich Merz gern als Vorbild gelobt, nimmt immer klarer Abschied von der Verpflichtung zur Wahrung der Menschenrechte. In dieser Woche hat der zuständige Ausschuss im Kopenhagener Parlament die Einbürgerung eines aus Pakistan eingewanderten Imams annulliert, nachdem eine Islam-Kritikerin auf Facebook dem Betroffenen „islamische Indoktrinierung“ vorgeworfen hatte. Das Ausländer- und Integrationsministerium hatte zuvor amtlich die Erfüllung aller Bedingungen für die dänische Staatsbürgerschaft bestätigt und den Mann auf die öffentlich einsehbare Liste aller Einbürgerungen gesetzt. Es gab und gibt kein Strafverfahren oder polizeiliche Ermittlungen gegen den Bewerber.

„Sieg!“, bejubelte der rechtspopulistische Ausschussvorsitzende Mikkel Bjørn von der Dansk Folkeparti (DF) den rein politisch, per Abstimmung und ohne Begründung, beschlossenen Ausschluss des islamischen Gelehrten von vollen Bürgerrechten. Seine Partei verlangt den Ausstieg aus der Europäischen Menschenrechtskonvention und will sämtliche Einbürgerungen stoppen, weil angeblich „zu viele“ Bewerber aus muslimischen Ländern kommen.

„Es ist Wildwest und ein historischer Durchbruch zum Abbau des Rechtsstaates, wenn einem Bürger die Staatsbürgerschaft allein aufgrund der Gesinnung verweigert wird“, meint dagegen Peder Hvelplund von der linken Enhedslisten zu der Entscheidung. Jonas Christoffersen, Anwalt des Imams und bis 2020 Chef des dänischen Instituts für Menschenrechte, sagte der FR zur Behandlung seines Klienten: „Man hat vollkommen willkürlich einen moderaten, modernen Muslim herausgefischt.“

Entscheidend im Ausschuss waren die Stimmen der regierenden Sozialdemokratie. Deren Ausländerminister Kaare Dybvad Bek hatte kurz vor einem Amtswechsel noch juristisch pflichtbewusst gewarnt, dass bei einer Annullierung „ein hohes Prozessrisiko“ vor dem Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg bestehe. Das focht seinen Parteifreund Anders Kronborg beim Paarlauf mit den Rechtspopulisten im Ausschuss nicht an: „Nach unserer Verfassung entscheiden wir hier über die Staatsbürgerschaft.“ Punkt.

Damit setzt die Partei von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen ihren Paarlauf mit den Rechten fort. Die Sozialdemokraten fanden es vorher schon in Ordnung, drei muslimische Bewerber um die Staatsbürgerschaft wegen deren Facebook-Posts zu Gesinnungsprüfungen vor den Ausschuss zu laden. Ob sie gegen Homosexualität seien, lautete eine der Fragen. Das Ausländerministerium selbst gilt als treibende Kraft hinter der rückwirkenden Annullierung der dänischen Staatsbürgerschaft einer gebürtigen Hamburgerin nach knapp zwei Jahrzehnten, nachdem sie auf Facebook Verständnis für den mörderischen Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023 formuliert hatte (FR berichtete).

Gerade erst wurde ein aus Deutschland vor 17 Jahren an die Universität Aarhus gewechselter Professor nicht eingebürgert, weil er Dänemark durch die Teilnahme an Wissenschaftstreffen im Ausland zu oft verlassen habe. Verhindert werden sollen mit so bizarren Regeln Einbürgerungen von Menschen aus „nichtwestlichen“, sprich muslimischen Ländern. Nur dass man eben offiziell keine unterschiedlichen Regeln qua Herkunft oder Religion machen kann.

Noch nicht. Vor ein paar Wochen kündigte Frederiksen einen Wahlkampf um die „konsequenteste Ausländerpolitik“ an. An die Spitze des Ausländerministeriums setzte sie mit Rasmund Stoklund den härtesten Migrationspolitiker ihrer Partei. Er hat eine Kampfschrift gegen „aktivistische Richter“ am Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte im Gepäck und soll garantieren, dass die Sozialdemokraten von den Rechtspopulisten nie rechts überholt werden können.

Zum sehnsüchtigen Blick auch aus der SPD nach Kopenhagen gehört das Narrativ, mit der harten Linie gegen Migration habe man Rechtsaußen-Parteien à la AfD wieder klein gemacht. Doch das ist höchstens mit Einschränkungen wahr. Gerade schießt die rechtspopulistische DF, bei den Wahlen 2022 tatsächlich von einst über 20 auf 2,6 Prozent abgestürzt, mit jetzt 12 Prozent kräftig und anhaltend nach oben. Für die Sozialdemokratie dagegen ging es in Umfragen zuletzt von 27 Richtung 20 Prozent in die andere Richtung.

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