Vance tritt in Grönland wie ein imperialer Eroberer auf

Trumps rechte Hand Vance untermauert in Grönland imperiale US-Pläne
31.03.2025
Von: Thomas Borchert
Vizepräsident J.D. Vance unterstreicht bei einem Besuch auf der nordgrönländischen US-Basis Pituffik abermals die US-Ansprüche. Aus Dänemark kommt Kritik – aber auch ein Gesprächsangebot.
Wir sind offen für Kritik“, hat Dänemarks Außenminister Lars Løkke Rasmussen den Wochenendauftritt von US-Vizepräsident J. D. Vance in der eigenen Space Base Pituffik auf Grönland kommentiert, „aber wir schätzen den Ton nicht, in dem sie vorgebracht wird. So spricht man nicht mit einem engen Verbündeten.“ In Rasmussens Videobotschaft „an die amerikanischen Freunde“ war das noch eine ausgesucht höfliche Reaktion auf die von Vance hier im äußersten Nordwesten der Polarinsel unverhüllt bestätigten Annexionspläne der US-Führung. Hinter den Kulissen und in Medienkommentaren setzt sich in Kopenhagen immer stärker der Vergleich mit dem russischen Propagandafeldzug gegen die Ukraine vor der Besetzung der Krim durch.
Frederiksen kommt
Als Vance am Freitag noch im Anflug war, setzte Donald Trump im Weißen Haus schon den imperialen Ton: „Wir müssen Grönland bekommen.“ Vor den 150 in Pituffik stationierten US-Soldat:innen verpackte Vance die Pläne der stärksten Militärmacht der Welt für die größte Insel der Welt in Komplimente an die Menschen in Grönland. Die (ganze 57 000 an der Zahl) könnten sich von ihrer Verbindung zu Dänemark lossagen, das versagt habe, und sich unter einen US-Schirm stellen. Ob er genau wie Trump auch einen Militäreinsatz für die Übernahme nicht ausschließe, fragte eine mitgereiste Reporterin. „Ich glaube, so weit wird es gar nicht kommen müssen“, antwortete Vance. Auch weil sicher die „großartigen Grönländer“ einsehen würden, dass ihre Zukunft bei den USA viel heller werde nach all den Jahren mit dem für ihre Sicherheit und ihre Wirtschaft „unterinvestierenden“ Dänemark: „Die haben hier keinen guten Job gemacht.“ Für den Fall, dass die Inuit, wie sich Grönlands indigener Bevölkerungsteil nennt, das doch anders sehen, fügte Vance an: „Das hat so zu passieren.“
Es kümmerte Vance und seine Begleitung mit Ehefrau Usha, Trumps nationalem Sicherheitsberater Michael Waltz und Energieminister Chris Wright nicht, dass sich am selben Tag in Grönlands Hauptstadt Nuuk eine neue Vier-Parteien-Regierung vorstellte. Als einzige Partei nicht dabei sind die Populisten der Partei Naleraq, die eine schnelle Lösung von Dänemark verlangen und offen für Washingtons Pläne sind. Alle anderen, mit 85 Prozent der Stimmen hinter sich, wollen in behutsamem Tempo mehr Unabhängigkeit von Dänemark, aber bloß keinen „Ausverkauf“ an die USA.
Die Regierung mit dem 33-jährigen Jens-Frederik Nielsen an der Spitze ist eine Art große Notstandskoalition im Angesicht der Trump’schen Bedrohung. Sie sucht ausdrücklich den Schulterschluss mit dem vor 300 Jahren als Kolonialmacht auf Walfängerschiffen eingerückten Dänemark. Dass der Schulterschluss jetzt auf Gegenseitigkeit beruht, will die Kopenhagener Regierungschefin Mette Frederiksen bei einem Besuch diese Woche persönlich in Grönland übermitteln. Auch dies eine Reaktion auf den Auftritt von Vance.
Der stellte in Pituffik die Däninnen und Dänen, eigentlich in den letzten Jahrzehnten besonders US-freundlich handelnde Nato-Verbündete, als verantwortungslos Grönlands Sicherheit aus Spiel setzende Schlendriane hin. Das ist teils demagogisch aggressiv, teils einfach komisch. Die USA selbst können auf der Insel seit einem Abkommen mit Dänemark 1951 militärisch praktisch tun, was sie wollen. Sie haben selbst den Personalstand auf der Space Base Pituffik (früher Thule) von einmal mehreren Tausend auf jetzt 200 eigene Soldat:innen heruntergefahren.
Darauf weist auch Außenminister Rasmussen hin und schlägt vor, dass die Nato-Alliierten USA und Dänemark doch jetzt gemeinsam „mehr tun können“. Dieser Spagat zwischen Abweisung der dreisten US-Territorialansprüche und freundlich klingenden Gesprächsangeboten wird mit jedem Auftritt wie dem von Vance schwerer. In Nuuk und Kopenhagen hat sich neben dem beunruhigenden Vergleich mit Problemen der Ukraine noch ein zweites Narrativ als Erklärung für das US-Verlangen nach Grönland durchgesetzt. Dass es Trump mit seinem „Make America Great Again“ schlicht um die zusätzlichen Quadratkilometer durch die größte Insel der Welt geht.