Grönlander wählten gegen Trumps Bestechungen und Drohungen

Grönland rückt bei der Wahl nach rechts – aber nicht zu Trump
13.03.2025
Von: Thomas Borchert
Bei der Wahl in Grönland erteilt die Mehrheit den Phantasien von Donald Trump eine Absage
Nuuk – Die klare Wählermehrheit in Grönland hat Donald Trumps Übernahmewünschen sowie auch Drohungen eine Absage erteilt und zugleich für mehr Unabhängigkeit, aber ohne Eile, von der alten Kolonialmacht Dänemark gestimmt. Nach innen brachte die Wahl auf der größten Insel der Welt mit gerade mal 57 000 Menschen einen klaren Rechtsruck.
Überraschungssieger ist die marktliberale Partei Demokraatit, die ihr Ergebnis auf 29,9 Prozent verdoppeln konnte. Die bisher regierenden Linkssozialisten (IA) und ihr sozialdemokratischer Partner Siumut stürzten von zusammen 62,1 auf 36,1 Prozent ab. Zur zweitstärksten Kraft mit 24,5 Prozent stieg die populistische Partei Naleraq auf. Sie tritt als einzige in der Hauptstadt Nuuk für ein Zugehen auf den US-Präsidenten mit seinen mal drohenden, dann wieder lockenden Übernahmeforderungen ein. Gleichzeitig fordert sie statt der bisherigen Teilautonomie die schnelle komplette Loslösung von Dänemark, obwohl Kopenhagen mit jährlichen Zuschüssen von 600 Millionen Euro knapp die Hälfte der grönländischen Staatsausgaben deckt.
„Werden euch reich machen“ – Trump verspricht vor der Wahl Milliarden-Investitionen in Grönland
Trump hatte erst in der vergangenen Woche wieder verkündet, die USA würden die wegen Bodenschätzen und der strategischen Lage unverzichtbare Polarinsel „auf die eine oder andere Art“ bekommen. Nach vorherigen Drohungen mit, wenn nötig, militärischer Gewalt gegen den Nato-Verbündeten Dänemark sprach Trump einen Tag vor der Wahl die Stimmberechtigten direkt an: „Wir sind zur Investition von Milliarden an Dollars für neue Jobs bereit und werden euch reich machen.“ Die Grönländer:innen seien nach einer entsprechenden Wahlentscheidung in „der größten Nation der Welt willkommen“.
Wie der Mann im Weißen Haus über die Inuit, Grönlands Bevölkerung, denkt, ließ er im Januar seinen Sohn Donald Trump Jr. mit einem bizarren Blitzbesuch in Nuuk demonstrieren. Der verteilte nach der Landung im Privatjet mit der Aufschrift „Trump Force One“ Baseballcaps mit der Aufschrift „Make Greenland Great Again“. Er spendierte zusammengetrommelten Arbeitslosen ein Essen, verschwand nach ein paar Stunden wieder Richtung USA und verkündete dort im TV, ganz Grönland sei begeistert über die Aussicht auf einen Wechsel in die USA.
„Ruhiger Kurs“ gegenüber Washington: Grönland und Dänemark reagieren erleichtert auf das Wahlergebnis
Dass 75 Prozent der Wählerschaft diesem Machtgehabe eine Absage erteilt haben, wurde in Nuuk wie auch der dänischen Hauptstadt Kopenhagen mit Erleichterung registriert. Der voraussichtlich kommende Regierungschef Grönlands, Jens-Frederik Nielsen (33) vom Wahlsieger Demokraatit sprach sich für einen „ruhigen Kurs“ gegenüber Washington aus.
Man wolle gern Geschäftliches vereinbaren, stehe aber nicht zum Verkauf. Er strebt wie der bisherige Regierungschef Múte Egede (38) nach voller staatlicher Unabhängigkeit von Dänemark, will aber dessen vorsichtige Linie dabei fortsetzen. Grönland einzige Exportbranche ist die Fischerei mit dem Staatskonzern Royal Greenland an der Spitze. Nielsens Eintreten für liberaler verteilte Fangquoten und mehr Privatisierung lockte die Wählerschaft eindeutig stärker als die Aussicht auf „Reichtum“ als Teil der USA.
Klar ist nach dem Wahlausgang, dass die politischen Spitze in Kopenhagen und Nuuk schon bald über mehr Selbständigkeit für Grönland ohne Aufgabe der bisherigen „Reichsgemeinschaft“ verhandeln werden. Trumps Griff nach der Insel hat beide Seiten zusammenrücken lassen. Das gilt auch für die bisher vorsichtige Tonlage, um nicht Trumps Rachsucht zu wecken.
Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen konnte stattdessen gar nicht oft genug ihre Bereitschaft zu einer „Erneuerung der Reichsgemeinschaft“ bei Anerkennung des Strebens nach voller Unabhängigkeit verkünden. Umgekehrt stellte ihr bisheriger Kollege Egede in Nuuk postwendend seine Kampagne gegen dänischen „Völkermord“ auf Grönland ein, weil Frauen und Mädchen dort über Jahrzehnte auch gegen ihren Willen Spiralen zur Verhütung eingesetzt worden waren. (Thomas Borchert)