Month: March 2025
Vance tritt in Grönland wie ein imperialer Eroberer auf

Trumps rechte Hand Vance untermauert in Grönland imperiale US-Pläne
31.03.2025
Von: Thomas Borchert
Vizepräsident J.D. Vance unterstreicht bei einem Besuch auf der nordgrönländischen US-Basis Pituffik abermals die US-Ansprüche. Aus Dänemark kommt Kritik – aber auch ein Gesprächsangebot.
Wir sind offen für Kritik“, hat Dänemarks Außenminister Lars Løkke Rasmussen den Wochenendauftritt von US-Vizepräsident J. D. Vance in der eigenen Space Base Pituffik auf Grönland kommentiert, „aber wir schätzen den Ton nicht, in dem sie vorgebracht wird. So spricht man nicht mit einem engen Verbündeten.“ In Rasmussens Videobotschaft „an die amerikanischen Freunde“ war das noch eine ausgesucht höfliche Reaktion auf die von Vance hier im äußersten Nordwesten der Polarinsel unverhüllt bestätigten Annexionspläne der US-Führung. Hinter den Kulissen und in Medienkommentaren setzt sich in Kopenhagen immer stärker der Vergleich mit dem russischen Propagandafeldzug gegen die Ukraine vor der Besetzung der Krim durch.
Frederiksen kommt
Als Vance am Freitag noch im Anflug war, setzte Donald Trump im Weißen Haus schon den imperialen Ton: „Wir müssen Grönland bekommen.“ Vor den 150 in Pituffik stationierten US-Soldat:innen verpackte Vance die Pläne der stärksten Militärmacht der Welt für die größte Insel der Welt in Komplimente an die Menschen in Grönland. Die (ganze 57 000 an der Zahl) könnten sich von ihrer Verbindung zu Dänemark lossagen, das versagt habe, und sich unter einen US-Schirm stellen. Ob er genau wie Trump auch einen Militäreinsatz für die Übernahme nicht ausschließe, fragte eine mitgereiste Reporterin. „Ich glaube, so weit wird es gar nicht kommen müssen“, antwortete Vance. Auch weil sicher die „großartigen Grönländer“ einsehen würden, dass ihre Zukunft bei den USA viel heller werde nach all den Jahren mit dem für ihre Sicherheit und ihre Wirtschaft „unterinvestierenden“ Dänemark: „Die haben hier keinen guten Job gemacht.“ Für den Fall, dass die Inuit, wie sich Grönlands indigener Bevölkerungsteil nennt, das doch anders sehen, fügte Vance an: „Das hat so zu passieren.“
Es kümmerte Vance und seine Begleitung mit Ehefrau Usha, Trumps nationalem Sicherheitsberater Michael Waltz und Energieminister Chris Wright nicht, dass sich am selben Tag in Grönlands Hauptstadt Nuuk eine neue Vier-Parteien-Regierung vorstellte. Als einzige Partei nicht dabei sind die Populisten der Partei Naleraq, die eine schnelle Lösung von Dänemark verlangen und offen für Washingtons Pläne sind. Alle anderen, mit 85 Prozent der Stimmen hinter sich, wollen in behutsamem Tempo mehr Unabhängigkeit von Dänemark, aber bloß keinen „Ausverkauf“ an die USA.
Die Regierung mit dem 33-jährigen Jens-Frederik Nielsen an der Spitze ist eine Art große Notstandskoalition im Angesicht der Trump’schen Bedrohung. Sie sucht ausdrücklich den Schulterschluss mit dem vor 300 Jahren als Kolonialmacht auf Walfängerschiffen eingerückten Dänemark. Dass der Schulterschluss jetzt auf Gegenseitigkeit beruht, will die Kopenhagener Regierungschefin Mette Frederiksen bei einem Besuch diese Woche persönlich in Grönland übermitteln. Auch dies eine Reaktion auf den Auftritt von Vance.
Der stellte in Pituffik die Däninnen und Dänen, eigentlich in den letzten Jahrzehnten besonders US-freundlich handelnde Nato-Verbündete, als verantwortungslos Grönlands Sicherheit aus Spiel setzende Schlendriane hin. Das ist teils demagogisch aggressiv, teils einfach komisch. Die USA selbst können auf der Insel seit einem Abkommen mit Dänemark 1951 militärisch praktisch tun, was sie wollen. Sie haben selbst den Personalstand auf der Space Base Pituffik (früher Thule) von einmal mehreren Tausend auf jetzt 200 eigene Soldat:innen heruntergefahren.
Darauf weist auch Außenminister Rasmussen hin und schlägt vor, dass die Nato-Alliierten USA und Dänemark doch jetzt gemeinsam „mehr tun können“. Dieser Spagat zwischen Abweisung der dreisten US-Territorialansprüche und freundlich klingenden Gesprächsangeboten wird mit jedem Auftritt wie dem von Vance schwerer. In Nuuk und Kopenhagen hat sich neben dem beunruhigenden Vergleich mit Problemen der Ukraine noch ein zweites Narrativ als Erklärung für das US-Verlangen nach Grönland durchgesetzt. Dass es Trump mit seinem „Make America Great Again“ schlicht um die zusätzlichen Quadratkilometer durch die größte Insel der Welt geht.
Washington treibt Annektions-Pläne für Grönland weiter

Second Lady Usha Vance: Imperiale Einkaufstour in Grönland
Stand: 24.03.2025, 20:35 Uhr
Von: Thomas Borchert
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Die Trump-Administration in Washington lässt die US-amerikanische „Second Lady“, Usha Vance, in Grönland auftreten um die Ansprüche auf die Insel zu unterstreichen.
Es ließe sich hübsch witzeln über das plötzliche Interesse von Usha Vance am traditionsreichen Schlittenhunde-Rennen in Sisimiut. Aber dass die Ehefrau des US-Vizepräsidenten sich selbst „privat“ eingeladen hat und Ende der Woche Donald Trumps Nationalen Sicherheitsberater Mike Waltz sowie Energieminister Chris Wright mitbringt, findet in Grönlands Hauptstadt Nuuk niemand lustig. In Dänemark, als Ex-Kolonialmacht mit der teilautonom regierten Insel weiter in einer „Reichsgemeinschaft“ verbunden, mehren sich die Stimmen, die Trumps Vorgehen als hybride Kriegführung einstufen. Gegen einen Nato-Verbündeten.
Mute Egede, nach der jüngsten Parlamentswahl nur noch grönländischer Regierungschef auf Abruf, sieht die bizarre Besuchsankündigung als „ungeheuer aggressiven amerikanischen Druck“: „Alle diplomatischen Anläufe zu einem Dialog waren vergeblich. Jetzt muss die internationale Gemeinschaft in Aktion treten, statt nur kleine, zaudernde Sympathiebekundungen abzugeben.“ Vorausgegangen war die Ansage an Washington, dass die Visite wegen der derzeit lautenden Regierungsbildung in Nuuk und des laufenden Kommunalwahlkampfes unerwünscht sei. Deshalb würde auch niemand Offizielles mit der „Second Lady“ der USA und ihren beiden politisch schwergewichtigen Reisebegleitern Waltz und Wright zusammenkommen. Die dänische Regierung hat genauso eine Abfuhr erteilt.
Das Weiße Haus scherte das alles genauso wenig wie die unzweideutige Absage der Wählermehrheit unter Grönlands Bevölkerung mit 57 000 Menschen an Trumps Übernahmegelüste. Ungerührt schickte Washington schon mal 40 Sicherheitsleute, sowie zwei Transportmaschinen mit vier gepanzerten Staats-Limousinen nach Nuuk. Sie sollen das Besucher-Trio durch die Kleinstadt befördern. Zum Hunderennen und zur US-Militärbase Pituffik (früher Thule) geht es dann per Flieger.
Kolonialistischer Auftritt des Junior
Die TV-Bilder von der Entladung der Limos erinnerten als Machtdemonstration an die Blitz-Visite des Sohnemanns Donald Trump jr. im Januar. Der war in Nuuk an Bord eines Privat-Jets mit der Aufschrift „Trump Force One“ gelandet, spendierte Leuten auf der Straße rote „Maga“-Caps sowie einigen auch ein Mittagessen. Nach vier Stunden war er wieder weg und tönte daheim im TV, Grönland passe wunderbar in die USA.
Beim zweiten Stunt dieser Art sollen Berater Waltz und Minister Wright den Anspruch der USA auf die größte Insel der Welt mit ihrer strategisch zentralen Lage und gewaltigen Bodenschätzen personifizieren. Usha Vance wird für das „Bunte“ beim Hundeschlittenrennen zuständig sein. Und das US-Konsulat in Nuuk sponsert die Veranstaltung mit sicher mehr als einer Handvoll Dollars.
Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen moniert, der Besuch gegen den ausdrücklichen Willen aller Verantwortlichen sei „eine sehr ernste Angelegenheit“. Bisher hierher hatte sie sich allzu deutliche Kritik an Trumps Annexionsgelüsten gegenüber einem Nato-Verbündeten eisern verkniffen. Sie zog Risikobegrenzung vor und sagte, nur Grönland selbst könne über seine Zukunft entscheiden.
Diese Zurückhaltung ist jetzt wohl passé dank des so dreisten und feindseligen Trips von Usha Vance samt Tross. Und auch nicht angesichts der zunehmenden Ausbreitung eines etwas anderen Narrativs im politischen Kopenhagen: Ein Kommentator von Danmarks Radio stuft die Vance-Visite als „hybride Kriegführung“ Washingtons ein. Claus Mathiesen von Dänemarks Verteidigungsakademie fühlt sich an seine Zeit als Militärattaché in Kiew erinnert: „Das läuft genauso wie mit russischen Politikern vor der Annexion der Krim.“
Grönlander wählten gegen Trumps Bestechungen und Drohungen

Grönland rückt bei der Wahl nach rechts – aber nicht zu Trump
13.03.2025
Von: Thomas Borchert
Bei der Wahl in Grönland erteilt die Mehrheit den Phantasien von Donald Trump eine Absage
Nuuk – Die klare Wählermehrheit in Grönland hat Donald Trumps Übernahmewünschen sowie auch Drohungen eine Absage erteilt und zugleich für mehr Unabhängigkeit, aber ohne Eile, von der alten Kolonialmacht Dänemark gestimmt. Nach innen brachte die Wahl auf der größten Insel der Welt mit gerade mal 57 000 Menschen einen klaren Rechtsruck.
Überraschungssieger ist die marktliberale Partei Demokraatit, die ihr Ergebnis auf 29,9 Prozent verdoppeln konnte. Die bisher regierenden Linkssozialisten (IA) und ihr sozialdemokratischer Partner Siumut stürzten von zusammen 62,1 auf 36,1 Prozent ab. Zur zweitstärksten Kraft mit 24,5 Prozent stieg die populistische Partei Naleraq auf. Sie tritt als einzige in der Hauptstadt Nuuk für ein Zugehen auf den US-Präsidenten mit seinen mal drohenden, dann wieder lockenden Übernahmeforderungen ein. Gleichzeitig fordert sie statt der bisherigen Teilautonomie die schnelle komplette Loslösung von Dänemark, obwohl Kopenhagen mit jährlichen Zuschüssen von 600 Millionen Euro knapp die Hälfte der grönländischen Staatsausgaben deckt.
„Werden euch reich machen“ – Trump verspricht vor der Wahl Milliarden-Investitionen in Grönland
Trump hatte erst in der vergangenen Woche wieder verkündet, die USA würden die wegen Bodenschätzen und der strategischen Lage unverzichtbare Polarinsel „auf die eine oder andere Art“ bekommen. Nach vorherigen Drohungen mit, wenn nötig, militärischer Gewalt gegen den Nato-Verbündeten Dänemark sprach Trump einen Tag vor der Wahl die Stimmberechtigten direkt an: „Wir sind zur Investition von Milliarden an Dollars für neue Jobs bereit und werden euch reich machen.“ Die Grönländer:innen seien nach einer entsprechenden Wahlentscheidung in „der größten Nation der Welt willkommen“.
Wie der Mann im Weißen Haus über die Inuit, Grönlands Bevölkerung, denkt, ließ er im Januar seinen Sohn Donald Trump Jr. mit einem bizarren Blitzbesuch in Nuuk demonstrieren. Der verteilte nach der Landung im Privatjet mit der Aufschrift „Trump Force One“ Baseballcaps mit der Aufschrift „Make Greenland Great Again“. Er spendierte zusammengetrommelten Arbeitslosen ein Essen, verschwand nach ein paar Stunden wieder Richtung USA und verkündete dort im TV, ganz Grönland sei begeistert über die Aussicht auf einen Wechsel in die USA.
„Ruhiger Kurs“ gegenüber Washington: Grönland und Dänemark reagieren erleichtert auf das Wahlergebnis
Dass 75 Prozent der Wählerschaft diesem Machtgehabe eine Absage erteilt haben, wurde in Nuuk wie auch der dänischen Hauptstadt Kopenhagen mit Erleichterung registriert. Der voraussichtlich kommende Regierungschef Grönlands, Jens-Frederik Nielsen (33) vom Wahlsieger Demokraatit sprach sich für einen „ruhigen Kurs“ gegenüber Washington aus.
Man wolle gern Geschäftliches vereinbaren, stehe aber nicht zum Verkauf. Er strebt wie der bisherige Regierungschef Múte Egede (38) nach voller staatlicher Unabhängigkeit von Dänemark, will aber dessen vorsichtige Linie dabei fortsetzen. Grönland einzige Exportbranche ist die Fischerei mit dem Staatskonzern Royal Greenland an der Spitze. Nielsens Eintreten für liberaler verteilte Fangquoten und mehr Privatisierung lockte die Wählerschaft eindeutig stärker als die Aussicht auf „Reichtum“ als Teil der USA.
Klar ist nach dem Wahlausgang, dass die politischen Spitze in Kopenhagen und Nuuk schon bald über mehr Selbständigkeit für Grönland ohne Aufgabe der bisherigen „Reichsgemeinschaft“ verhandeln werden. Trumps Griff nach der Insel hat beide Seiten zusammenrücken lassen. Das gilt auch für die bisher vorsichtige Tonlage, um nicht Trumps Rachsucht zu wecken.
Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen konnte stattdessen gar nicht oft genug ihre Bereitschaft zu einer „Erneuerung der Reichsgemeinschaft“ bei Anerkennung des Strebens nach voller Unabhängigkeit verkünden. Umgekehrt stellte ihr bisheriger Kollege Egede in Nuuk postwendend seine Kampagne gegen dänischen „Völkermord“ auf Grönland ein, weil Frauen und Mädchen dort über Jahrzehnte auch gegen ihren Willen Spiralen zur Verhütung eingesetzt worden waren. (Thomas Borchert)
Dänische Post trägt keine Briefe mehr aus

Ausgetragen
11.03.2025
Von: Thomas Borchert
Warum die dänische Post von 2026 an keine Briefe mehr zustellen will
Die dänische Post hat ein tolles Trostpflaster vorbereitet für ihre Schockmeldung, dass vom 1. Januar 2026 an überhaupt keine Briefe mehr ausgetragen werden: Wer etwas auf Papier übermitteln wolle, könne das nach Neujahr durchaus weiter tun. Einfach durch Umbenennung auf „Päckchen“, die will Postnord weiter und gerne zustellen. Dass man dafür dann das Doppelte des jetzt auch schon astronomisch hohen Briefportos von mindestens vier Euro hinzublättern und eventuell zum nächsten Abholpunkt zu pilgern hätte, blieb unerwähnt.
So richtig geschockt hat das Aus für den Brief in dänischen Briefkästen nach 400 Jahren vor allem die 1500 Postnord-Beschäftigten. Ihnen wurde das Aus für ihren Job am selben Tag mitgeteilt wie der Abbau von 8000 Stellen bei der deutschen Post vor demselben Hintergrund. Schon lange allerdings hat die Verminderung des Briefaufkommens um 90 Prozent seit Anfang der 2000er im durchdigitalisierten Dänemark viel radikaler durchgeschlagen als im hinterherhinkenden Deutschland. Im Prinzip sind alle sechs Millionen Menschen hier zu Online-Schriftverkehr mit Behörden verpflichtet. Die nehmen Mitteilungen eines Bürgers oder einer Bürgerin auf Papier gar nicht erst an. Es sei denn, man kann eine amtliche Ausnahmegenehmigung als „digital gehandicapt“ vorweisen.
Das trifft immerhin für 7,5 Prozent der Bevölkerung zu. Diese Gruppe, zumeist im fortgeschrittenen Alter, wartet nun gespannt und vermutlich verängstigt, welche Lösungen ihnen nach Neujahr angeboten werden. „Der Markt wird es richten“, lautet die Botschaft, die nicht nach dänischer „Hygge“ klingt.

„Was interessiert uns der olle Briefkasten, wir kommen perfekt klar mit WhatsApp“, antworteten dagegen junge Leute in den TV-Reportagen über das Aus nach 400 Jahren. So knallrot wie früher auch die Uniformen der Botinnen und Boten sind die 1500 Briefkästen im kleinen Königreich. Das klingt nach ziemlich wenig mit großen Abständen, und sie werden schon vom 1. Juni an abmontiert. Wohl als pädagogische Vorabmaßnahme, damit auch die letzten digital nicht so Sattelfesten begreifen, dass es ernst wird.
Richtig ernst wird es auch für Menschen anderer Herkunft, in deren Heimat der Papierbrief noch was gilt. Deutsche in Dänemark können ein Lied davon singen, wie man als digitale Spätzünder in einem hochdigitalisierten Land zurechtzukommen muss. Die Behörden in Deutschland pflegen nach wie vor Schriftverkehr auf Papier und akzeptieren keine digitalen Unterschriften. Weil die dänische Post in den letzten Jahren gefühlt nur noch sporadisch mal ihr Personal aussandte, waren Briefe aus einer deutschen Großstadt in die dänische Hauptstadt zehn Tage und mehr unterwegs. Ist eine „fristgemäße“ Antwort auf demselben Weg retour fällig, kommt man leicht ins Schwimmen.
Bei den Bundestagswahlen 2025 führte das zum Schiffbruch. Die vom Autor dieses Artikels frühzeitig per Einschreiben (Porto: 22 Euro) beantragten Wahlunterlagen wurden Anfang Februar vom Bremer Wahlamt mit der guten alten Schneckenpost auf den Weg gebracht. Sie sind auch fünf Wochen später noch nicht im Kopenhagener Briefkasten gelandet. Die Rettung bestand kurz vorm Wahltag in sechs Stunden Bahnfahrt zur persönlichen Stimmabgabe.

Für die Zustellung von Post aus dem Ausland ab 2026 gibt es „noch keine Lösung“, verkündet Dänemarks Transportministerium. Man arbeite daran. Warum die gesetzliche Pflicht zu einem für Postboten leicht erreichbaren Briefkasten auf jeden Fall beibehalten werden soll, konnte auch erst einmal nicht erklärt werden.
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Norwegen gibt etwas mehr vom Kriegsgewinn an die Ukraine weiter

Mehr Ukraine-Hilfe aus Oslo
08.03.2025
Von: Thomas Borchert
Norwegen verdoppelt seine Zahlungen für das Jahr 2025.
Das dank Öl und Gas reiche Norwegen verdoppelt seine Ukraine-Hilfen für 2025 auf umgerechnet sieben Milliarden Euro. Das beschloss das Osloer Parlament einstimmig. Regierungschef Jonas Gahr Støre begründete den Schritt mit der Verschlechterung der Lage des von Russland überfallenen Landes und dem „Herunterfahren der US-Hilfe.“ Europa müsse jetzt mehr leisten.
Kiew sieht in der Zusage ein Beispiel auch für andere Partner. Man werde die zusätzlichen Mittel für die Waffenproduktion in der Ukraine und zur Verbesserung der Energieversorgung einsetzen, so Präsident Selenskyj laut ukrainischen Medien.
In Oslo galt als klar, dass laute Kritik vor allem der skandinavischen Nachbarschaft zu der massiven Anhebung der Unterstützung beigetragen hat. Norwegen hat als Europas Gaslieferant infolge des Krieges hohe Gewinne eingesteckt. Das Osloer Finanzministerium beziffert diese „außergewöhnlichen Einnahmen“ allein für 2022 und 2023 auf 108 Milliarden Euro, was in etwa der bisher geleisteten US-Hilfe an die Ukraine entspricht.
„Kriegsprofite“ nennen das auch Norwegens Grüne. Die kleine Partei verlangte als einzige im „Storting“, dass der komplette Betrag an die Ukraine abgetreten wird. Das schulde man auch den europäischen Partnern, die ja den Anstieg der Gaspreise bezahlt hätten. Bitten aus der EU um Preisnachlässe seien in Oslo auf taube Ohren gestoßen.
Die Sondereinnahmen füllten den staatlichen „Pensionsfonds“, der aktuell 1700 Milliarden Euro umfasst.
Kritik daran schlossen sich in Oslo auch 47 namhafte Ökonom:innen an. Norwegen komme die Verantwortung einer „finanziellen Großmacht“ zu. Die gesetzliche Begrenzung von Entnahmen aus dem Pensionsfonds müssten für die Ukraine-Nothilfen ausgesetzt werden.
Mit den jetzt bewilligten Milliarden bleibt die Regierung in weiter unter dieser Grenze und zieht lediglich in etwa mit den skandinavischen und baltischen Nachbarn gleich. Dafür hat sich ausgerechnet Jens Stoltenberg eingesetzt. Er ist erst kurzem Norwegens Finanzminister. Als Nato-Generalsekretär hatte stets um mehr Hilfe für die Ukraine geworben.
Norwegens Lachszucht bringt Milliardengewinn und Massenflucht der eingepferchten Fische

Aldi, Lidl und Edeka im Fokus: Massenausbruch rückt Norwegens Lachszucht in die Kritik
05.03.2025
Von: Thomas Borchert
Die Lachszucht in Norwegen ist ein lukratives Geschäft für Milliardäre, doch sie hat eine dunkle Seite. Tierleid, Umweltprobleme und Sabotage sind an der Tagesordnung. Ein kürzlicher Massenausbruch von Lachsen wirft ein Schlaglicht auf die Branche.
„Insel der Milliardäre“ heißt die Netflix-Dramaserie über Norwegens Lachszüchter:innen mit ihrem gnadenlosen Konkurrenzkampf um Traumprofite, Sabotage an den Meereskäfigen und ohnmächtig protestierenden Umwelt- sowie Tierschützer:innen. Seit Herbst ist sie zu streamen und wird jetzt von der Wirklichkeit als Dramaturg schon fast in den Schatten gestellt.
Norwegens Lachszucht boomt: Foodwatch kritisiert Praxis
Mitte des Monats meldete der weltgrößte Lachszucht-Konzern Mowi Rekordgewinne und Rekorddividenden aus dem vierten Quartal, die zum „All Time High“ an der Osloer Börse führten. Die Schlachtmenge stieg dank des unersättlichen Appetits auf Zuchtlachs 2024 auf 520 000 Tonnen und soll 2026 rund 600 000 Tonnen erreichen.
Ganz und gar in die falsche Richtung geht das für die deutsche Verbraucherorganisation Foodwatch. Sie verlangt von den großen Supermarktketten Edeka, Rewe, Lidl und Aldi einen kompletten Verkaufsstopp für Zuchtlachs aus dem Land der Fjorde: „In Norwegen starben im vergangenen Jahr (2023) 100 Millionen Zuchtlachse – ein neuer trauriger Höchststand, der die dramatische Lage in der Aquakultur verdeutlicht.“ Gemeint ist das vorzeitige Verenden von Fischen, die in Käfigen zusammengepfercht immer nur im Kreis schwimmen können. Das hat massenhaft Infektionskrankheiten, Verletzungen und vor allem den Befall durch Lachsläuse mit großflächigen Wunden zur Folge. So verendet etwa jeder sechste Lachs elend während der Mästungsphase.
27 000 Lachse brechen aus norwegischer Zuchtanlage aus
Das Unternehmen Mowi ist eine Geldmaschine für den schon als Schiffsreeder und Öl-Magnat zum reichsten Norweger aufgestiegenen John Frederiksen. Weil ihm die Steuern in der Heimat mit seinem von Forbes auf elf Milliarden Dollar geschätzten Vermögen zu hoch waren, ist er schon lange Ex-Norweger und hat sich einen „goldenen Pass“ auf Zypern zugelegt. Allein für das vierte Quartal kann Frederiksen eine Dividende von umgerechnet 87 Millionen Euro bei einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro als Eingang verbuchen.
Ungelegen kam bei der Bekanntgabe dieser Gewinnausschüttung der zeitgleiche Massenausbruch von 27 000 Lachsen aus der Mowi-Zuchtanlage Dyrøy im Bezirk Troms. Nicht durch Sabotage von neidzerfressener Konkurrenz wie bei Netflix, sondern weil sich ein stählerner Lachskäfig aus der Verankerung gerissen hatte und auf einer Seite gekippt war. Mowi-Pressechef Ola Helge Højland kommentierte beim Sender NRK: „Das ist äußerst bedauerlich und durfte nicht passieren.“
Ausbruch von Zuchtlachsen ist höchst problematisch für den natürlichen Fischbestand
Das sollte sicher zerknirscht klingen, war aber auch Routine. Jahr für Jahr prangern Kritiker:innen das Entweichen von genetisch veränderten, oft durch Krankheit für Wildlachs und auch Meerforellen hochgefährlichen Zuchtlachsen an. Laut Foodwatch entkommen pro Jahr 200 000 Tiere aus den Käfigen und vermengen sich mit dem im Bestand gefährdeten Wildlachs aus dem Atlantik.
In diesem Fall setzte Mowi einen sagenhaften Preis von 500 Kronen, umgerechnet 43 Euro für jeden wieder eingefangenen Zuchtlachs aus der Dyrøy-Anlage aus. Eile war geboten, ehe die Fische aus den inneren Gewässern rund um die Insel in den offenen Atlantik entweichen konnten. Auf die FR-Anfrage nach dem Erfolg der Aktion über fast drei Wochen antwortete Pressesprecher Højland postwendend: „Seit gestern Abend sind 765 Fische wieder eingefangen.“ Macht 26 235 Zuchtlachse nach wie vor in freier Wildbahn, die sich mit den kümmerlichen Resten des Wildlachsbestandes paaren und ihn weiter kaputt machen können.
Norwegens Lachszucht ist zweitgrößte Exportbranche
Die Kritik an der Lachszucht führt früher oder später zwangsläufig zum Vergleich mit Zuständen in der Schweinezucht. Aber es spielt sich alles unter Wasser ab und damit „diskreter“. Das hat in gut 50 Jahren seit dem Start enorm geholfen, dieses Geschäft zur zweitgrößten Exportbranche Norwegens aufzublähen. Und zwar so schnell und unreguliert, dass Netflix reichlich Stoff für Wildwest aus dem hohen Norden gefunden hat.

Immer hart verfolgt oder überholt von der Wirklichkeit: Weil Mowi-Eigner Frederiksen ja kein Norweger mehr ist, steht jetzt der 32-jährige Gustav Magnar Witzøe an der Spitze der heimischen Milliardärs-Rangliste. Er wurde aus steuerlichen Gründen schon als Teenager zum Erben seines noch munteren Lachszüchter-Vaters mit gleichem Namen und nennt Aktien im Wert von etwa fünf Milliarden Euro sein Eigen. Nach den jungen Jahren als Model und mit 130 000 Follower:innen auf Instagram will auch Gustav Witzøe Junior irgendwann mal was in der Lachszucht machen: „Ich weiß aber noch nicht genau, was.“
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