Island: Geschäftsfrau besiegt Linksgrüne

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Island wählt eine Managerin an die Staatsspitze

Stand: 03.06.2024, 07:07 Uhr

Von: Thomas Borchert

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Halla Tómasdóttir wird Islands neues Staatsoberhaupt.
Halla Tómasdóttir wird Islands neues Staatsoberhaupt. © AFP

Die Geschäftsfrau Halla Tómasdóttir wird Präsidentin. Die linksgrüne Ex-Premierministerin Jakobsdóttir stolpert über vergangene Zweckbündnisse mit Rechten.

Islands Bevölkerung hat sich am Wochenende für eine Geschäftsfrau als Staatsoberhaupt entschieden. Die 55-jährige Halla Tómasdóttir, angetreten mit zehn Jahren Erfahrung als Managerin für Pepsi und Mars in den USA, schlug die linksgrüne Ex-Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir (48) überraschend und klar mit 34,6 zu 25,0 Prozent, so das vorläufige Endergebnis.

Kurz nach dem fünften Vulkanausbruch in enger Folge und unmittelbar vor einem Juni-Schneesturm bescherten sich die gut 300.000 Stimmberechtigten der Atlantikinsel ein kleines politisches Erdbeben. Jakobsdóttir hatte kurz vorher in Umfragen vorn gelegen. Wohl vor allem dank souveräner TV-Auftritte am Ende schnitt Tómasdóttir deutlich besser ab als erwartet.

Tómasdóttir wird als „leidenschaftliche Anwältin für mutige Führungskraft“ präsentiert

Die Siegerin arbeitete zuletzt als Direktorin der Geschäftsleute-Organisation „The B Team“ und wird dort als „leidenschaftliche Anwältin für mutige Führungskraft“ präsentiert. Mit Fokus auf Nachhaltigkeit und sozialen Ausgleich. Sie hatte beim wirtschaftlichen Kollaps Islands 2008 durch größenwahnsinnige Banker ihre Investmentgesellschaft Audur Capital erfolgreich über die Runden gebracht. Im Wahlkampf gab sie das Ziel aus, „eine Bewegung von Führungskräften zu starten, damit Geschäfte besser als bisher betrieben werden, zum Wohl der Menschen und des Planeten“.

Die Wahl für das weitgehend repräsentative Präsidentenamt ist von Parteizugehörigkeiten abgekoppelt und wird als Entscheidung über „Persönlichkeiten“ verstanden. Dabei dürften Jakobsdóttir auch die Bündnisse den Sieg gekostet haben, die sie in den letzten Jahren eingegangen war.

Tómasdóttir wird Islands zweites weibliches Staatsoberhaupt

Sie hatte ihre Linksgrünen 2017 in eine Koalition mit den traditionell am schärfsten bekämpften Kontrahenten auf der Rechten geführt. Das brachte ihr persönlich stabil hohe Popularitätswerte auch in bürgerlichen Kreisen, ließ ihre Partei aber laut Umfragen in existenzbedrohende Niederungen sinken. Bei der Wahl am Wochenende verweigerte ihr nun ein Teil der traditionellen Gefolgschaft das Kreuz, weil Jakobsdóttir bei ihrem Paarlauf mit der Rechten „die Seele der Partei“ verkauft habe.

Tómasdóttir übernimmt ihr Amt vom Historiker Gudni Jóhannesson, der nicht zum dritten Mal antreten wollte. Sie wird Islands zweites weibliches Staatsoberhaupt nach der legendären Vigdís Finnbogadóttir, die 1996 nach 16 Jahren abtrat und weltweit als Pionierin für Frauen an der Spitze beachtet wurde.

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