Undercover-Journalist infiltriert Trollfabrik der Schwedendemokraten

Tiktok-Hetze in Schweden: Rechte „Trollfabrik“ mit Staatshilfe
16.05.2024
Von: Thomas Borchert
Rechtsradikale Schwedendemokraten betreiben gefälschte TikTok-Konten für ihre Hetze – und werden mit staatlichen Geldern unterstützt.
Stockholm – Fake-Konten zur Gehirnwäsche im Netz werden wohl nicht nur in Russland und Fernost mit Steuergeldern finanziert. Der Stockholmer Privatsender TV4 hat unter dem Titel „Undercover in der Trollfabrik“ enthüllt, wie die rechtsradikalen Schwedendemokraten (SD) zehn junge Angestellte massenhaft TikTok-Konten unter gefälschter Flagge mit Hetze und rassistischem „Humor“ füttern lassen. Das dürfe als „extrem sensibel“ um keinen Preis ans Licht kommen, hört man in der Doku Pressechef Joakim Wallerström ins versteckte Mikrofon sprechen.
TikTok als rechte Waffe: SD-Trolle mit Festanstellung treiben ihr Unwesen in Schweden
Die SD sind zweitgrößte Partei im größten Land Skandinaviens, für die Regierung als Mehrheitsbeschaffer ein unverzichtbarer Partner und dank 20 Prozent Stimmenanteil mit Steuerzuschüssen reich gesegnet. So konnten sie auch Daniel Andersson anheuern, der dann neun Monate als SD-Troll mit Festanstellung unerkannt für TV4 „gewallrafft“ hat, wie man so etwas in Schweden nach den Einsätzen Günter Wallraffs bei Bild und McDonald’s nennt. Anderssons Material belegt in Wort und Bild, wie Wallerström die zehn als „Netzkrieger“ tituliert und antreibt, über TikTok-Konten mit Fantasienamen politische Kontrahenten und muslimische Zuwanderung niederzumachen.
Dabei müsse man die richtige Mischung finden, erklärt er, wie ein Drogendealer, der ja auch auf dem Schulhof nicht gleich Heroin anbieten, sondern bei den Kids mit Zigaretten anfangen würde. Offenbar findet Wallerströms Trupp den richtigen Pusher-Ton beim Publikum. Laut TV4 wurden für 23 dort mit Sicherheit betriebenen Social-Media-Konten unter falscher Flagge, über drei Monate 27 Millionen Klicks bei 260 000 Followern für 1000 Posts gezählt.
KI generierte Fake Botschaften zum Verspotten der Gegner auf TikTok
Darin sind etwa Ex-Ministerpräsidentin Magdalena Andersson von den Sozialdemokraten mit KI-generierter Fake-Botschaft zu sehen oder ein Eiswagen rattert mit Muezzin-Gesang durch ein ur-schwedisches Dorf a la Bullerbü.
Auch die Partner im Regierungslager werden gern mal verhöhnt, so der konservative Premier Ulf Kristersson, weil er in jüngeren Jahren für eine liberale Einwanderungspolitik und für Abrüstung eingetreten ist. Genüsslich zitierten Stockholmer Medien aus der „Tidö-Vereinbarung“ zur Regierungskooperation, in der die SD 2022 einen bizarren Passus verlangt und bekommen hatten: „Die Partner tragen zum guten Klima der Zusammenarbeit bei, indem sie würdig auftreten und respektvoll über die gegenseitigen Führungskräfte sprechen.“
Keine Entschuldigung von Seiten der SD – Europawahl Chancen für die Rechten stehen gut
Kristersson nahm dies auch nach der Troll-Enthüllung wörtlich und reagierte wie immer vage bei diversen SD-Skandalen seit dem Start der Kooperation Ende 2022: Vage, weich und ohne Konsequenzen. „Die SD haben ernste Probleme mit ihrer Kommunikationsabteilung“, ließ er sich vernehmen und empfahl eine „Entschuldigung“ an all die vielen von der Troll-Fabrik Verunglimpften.