Sipri: Rüstung geht weltweit steil nach oben

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Rüstungskäufe legen weltweit zu: Wer am meisten profitiert

11.03.2024

Von: Thomas Borchert

Laut dem Stockholmer Sipri-Institut profitieren die USA am meisten im weltweiten Waffenhandel. Russlands Exporte sind auch wegen mangelnder Qualität rückläufig.

Stockholm – Neue Rüstungsrekorde mit immer steileren Kurven nach oben bringen die Erhebungen des Stockholmer Friedensforschungsinsituts Sipri. So haben die Staaten in Europa ihre Importe von 2019 bis 2023 gegenüber den voraufgegangenen fünf Jahren mit plus 94 Prozent fast verdoppelt. Den mit Abstand größten Anteil an den Importen hatte dabei die Ukraine. Bei der voraufgegangenen Erhebung hatte Sipri für Europa schon eine Steigerung um 20 Prozent ermittelt. Mit den neuen Zahlen lag der Kontinent immer noch weit unter den Rüstungseinfuhren in anderen Regionen der Welt wie Asien, Nahost und den Pazifik-Ländern.

Eindeutig am kräftigsten profitiert von diesem Megatrend die Rüstungsindustrie der USA. Sie konnte die Exporte seit 2019 um 17 Prozent steigern und hat ihren Weltmarktanteil als Waffenlieferant von 32 auf 42 Prozent gesteigert. Ebenfalls stark ins Auge fallen bei den Sipri-Zahlen die Exporterfolge der französischen Rüstungsindustrie mit einem Zuwachs um 47 Prozent. Damit hat Frankreich erstmals den seit Jahrzehnten von Russland gehaltenen zweiten Platz auf der Weltrangliste mit einem Weltmarktanteil von elf Prozent mit hauchdünnem Abstand übernommen. Der russische Anteil hat sich gegenüber 2014 bis 2018 bei 21 Prozent knapp halbiert.

Deutsche Rüstungsverkäufe leicht gesunken

Leicht gesunken ist der deutsche Weltmarktanteil von 6,3 auf 5,6 Prozent. Zum Rückgang der deutschen Rüstungsexporte 2019 bis 2023 um 14 Prozent sagte der zuständige Sipri-Experte Pieter Wezeman der Frankfurter Rundschau: „Man muss bedenken, dass der nach einem vorher kräftigen Wachstum entstanden ist.“ Nicht berücksichtigt seien in den Zahlen der Sipri-Forscherinnen und -Forscher auch die sehr erheblichen deutschen Munitions-Lieferungen in die Ukraine, da man nur größere Waffensysteme erhebe.

Wezeman bezifferte den Anteil der Ukraine an sämtlichen europäischen Einfuhren solcher Systeme mit 23 Prozent. Er sagte weiter: „Das zeigt, wie wichtig das Land hier ist, aber auch, wie substanziell im restlichen Europa aufgerüstet worden ist.“ Vor allem in den letzten beiden Jahren hätten „praktisch alle europäischen Staaten viele zusätzliche Waffensysteme oft auch bei ausländischen Produzenten bestellt“.

Russlands Handelspartner für Rüstungsindustrie wenden sich ab – zu geringe Qualität?

Die russischen Ausfuhren gingen im letzten Fünfjahres-Zeitraum um 53 Prozent zurück. Zu den Gründen dafür meint Wezeman: „Vor allem Indien wendet sich anderen Versorgern zu. Seit Jahrzehnten war das Land der wichtigste Abnehmer russischer Rüstung und ist nach wie vor weltweit größter Rüstungsimporteur.“ Jetzt blicke man neben mehr Eigenproduktion nach Frankreich, Israel und den USA. Auf die Frage nach politischen, technischen oder wirtschaftlichen Gründen sagte Wezeman: „Es ist eine Kombination.“

Neben Enttäuschung über geringere technische Qualität russischer Produkte gehe es Indien „auch um die USA als Sicherheitspartner“ bei den eigenen Konflikten mit China. Insgesamt fiel die Zahl der Abnehmerländer für russische Rüstung von 31 im Jahr 2019 auf zuletzt zwölf. Vermutlich auch als Folge des eigenen Angriffskrieges gegen die Ukraine sank der Rüstungsexport allein von 2022 auf 2023 um die Hälfte.

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China bleibt als Rüstungsexporteur mit einem Weltmarktanteil von 5,8 Prozent und einem Rückgang in den letzten fünf Jahren um 5,3 Prozent nach wie vor auch weit hinter Russland zurück. Die zunehmenden Spannungen in Asien mit Blick auf China und Nordkorea haben in Japan zur Steigerung der Militäreinfuhren um 155 Prozent geführt. Im Pazifik-Raum (Ozeanien) hat Australien ebenfalls als Reaktion auf Pekings Politik 2023 allein sechs Atom-U-Boote in Großbritannien und den USA bestellt.

USA bleiben bei Rüstungsexperten weiterhin an der Spitze

Asien und Ozeanien zusammen sind die Region mit dem höchsten Anteil an Rüstungsimporten, 37 Prozent, gefolgt vom Nahen Osten mit 30 Prozent und Europa mit 21 Prozent. Umgekehrt standen die USA und Westeuropa 2019 bis 2023 für 72 Prozent aller Rüstungsexporte und konnten ihren Weltmarktanteil damit um zehn Prozentpunkte steigern.

Nichts mehr wie zuvor – ein außenpolitischer Rückblick

Eine zentrale Rolle spielte dabei die weltweite Nachfrage nach neuen Kampfflugzeugen. Die USA verkauften insgesamt 420, davon 249 der hypermodernen F-35, die ein Viertel der Rüstungsexporte ausmachten. Wie krass der Aufrüstungswille sich weltweit ausbreitet, zeigt eine Tabelle der Auftragsbücher im neuen Sipri-Bericht: Danach sind in den USA derzeit 1071 neue Kampfflugzeuge bestellt. Frankreich hat laut dem Stockholmer Institut mit 223 georderten Kampfflugzeugen vom Typ Rafale ebenfalls einen „relativ hohen Auftragsbestand“. Aus China seien 94 und aus Russland 78 Kampfjets geordert worden.

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