Dänemarks neuer König wird modern “gebrandet”

An die Arbeit, Ferienprinz!
13.01.2024
Von: Thomas Borchert
Frederik von Dänemark galt lange als Gigolo mit Faible für Rapmusik und teure Autos. Vor seiner Krönung am Sonntag wird ihm nun erstaunlich viel Wohlwollen entgegengebracht.
Dänemarks neuer König Frederik X. kann sich beim Thronwechsel am Sonntag auf beneidenswerte Anschubhilfe seiner knapp sechs Millionen Untertanen verlassen. Unmittelbar vor der Abdankung von Königin Margrethe II., Frederiks überragend populärer Mutter, meldet die Zeitung „Politiken“, dass ihn 81 Prozent als „voraussichtlich guten bis sehr guten König“ erwarten. Die Bahngesellschaft DSB meldet einen Besucheransturm auf Kopenhagen am Wochenende, weil mehr als 100 000 am Sonntag bei der Ausrufung des 55-Jährigen auf dem Balkon von Schloss Christiansborg selbst dabei sein wollen.
Dabei hat Margrethe dem älteren ihrer beiden Söhne den Stabwechsel nicht leichtgemacht. Erst drei Tage vor ihrer überraschenden Rücktrittserklärung zum 52. Jahrestag der eigenen Thronbesteigung habe sie den Kronprinzen eingeweiht, hieß es vom Hof. Nachdem die Bombe bei der Neujahrsansprache der Königin auch landesweit gezündet war, begrüßte „Ekstra Bladet“ das künftige Oberhaupt von Europas ältester Monarchie wenig untertänig mit: „Jetzt ist Schluss mit den Ferien, Frede!“
Unter der Schlagzeile hieß es, als Staatsoberhaupt werde sich das nicht mehr einrichten lassen mit „plötzlichen Spanien-Ausflügen und einer dreiziffrigen Anzahl Ferientage pro Jahr“. An Frederiks Image klebt seit den Jugendtagen der Eindruck, dass er im Grunde seines Herzens weit eher an angenehmer Freizeitgestaltung mit Sport aller Art, Rock- sowie Rapmusik, Jagdausflügen mit reichen Freunden und gesponserten Edelautos als an royalen Repräsentationspflichten interessiert ist. Für die Thronbesteigung unwissentlich ganz schlecht getimt war Frederiks Solo-Wochenendtour nach Madrid kurz vor Weihnachten: Klatschblätter meldeten bebildert einen angeblichen Seitensprung des Kronprinzen mit einer mexikanischen „Jetsetterin“ namens Genoveva Casanova.
Eine Serie peinlicher Pannen
Niemand außerhalb der Residenz auf Schloss Amalienborg weiß, wie die bisherige Kronprinzessin und künftige Königin Mary (51) das bei der Heimkehr des Ehemannes kommentiert hat. Nach außen reagierten der Hof und vor allem auch die tonangebenden Medien ruhig und ausgesprochen dezent. Das zeigte zum einen den in diesem Land doch entspannteren Umgang mit außerehelichen Aktivitäten Prominenter, als man das etwa von der brutalen britischen Boulevardpresse kennt.
Die dänischen Medien, allen voran das öffentlich-rechtliche TV, sind unverbrüchlich positiv gegenüber dem Königshaus eingestellt – komme, was wolle. Sie haben Frederik mit unendlich viel wohliger Sendezeit zu einer stabil positiven öffentlichen Rolle verholfen, nachdem er in seinen jüngeren Jahren eine beeindruckende Serie peinlicher Pannen produziert hatte. 2009 etwa äußerte sich Frederik als Mitglied im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) begeistert über die angeblich verbesserten Menschenrechte in China dank der Olympischen Spiele in Peking ein Jahr vorher. Seine Kommentare zur Kritik fielen so erbärmlich hilflos und stotternd aus, dass dem Monarchen in spe anschließend Sprech- und Medientraining verordnet wurde.
Ironman und volksverbunden
Über derlei ist längst Gras gewachsen. Heute denkt man in Dänemark bei Kronprinz Frederik und dem Sport nur noch an dessen fantastische eigene Leistungen. Er tritt freundlich „volksverbunden“ auf, hat sechs Marathonläufe und sogar einen Ironman geschafft und kann bei dem unter seiner Schirmherrschaft arrangierten „Royal Run“ jedes Jahr mit Zehntausenden Teilnehmer:innen rechnen. Als sympathisch ist beim Volk zudem angekommen, dass Frederik in Interviews ohne Umschweife erzählt hat vom persönlichen Kampf mit Unsicherheit, den gigantischen Erwartungen anderer an ihn – und einer von ihm vor allem in der Kindheit als abwesend empfundenen Mutter. Das wolle er mit seinen vier Kindern anders machen.
Frederiks Ehefrau Mary, die gebürtige Bürgerstochter Mary Donaldson aus Australien, dürfte als gelernte PR-Frau am positiven Imagewandel des neuen Königs von Dänemark einen wohl entscheidenden Anteil haben. Bei ihrem ersten großen Interview nach der Hochzeit 2004 konstatierte sie nüchtern, Königshäuser müssten genauso durch ein „Branding“ modernisiert werden wie alle möglichen anderen Unternehmungen auch. An dieser Markenbildung eines modernen Königshauses kann sie nun als Königin Mary weiter arbeiten.